Frage an Anette Kramme von Birgit S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Kramme,
Ende November 2010 wurde an den Bundestag eine Petition zur Abschaffung des Gesundheitsabkommen zwischen Deutschland und der Türkei, demzufolge krankenversicherte Ausländer ihre in der Heimat gebliebenen Angehörigen mitversichern können. Auf Spiegel Online vom 16.02.2011 werden Sie wir folgt zitiert:" Die SPD hat ohnehin den Verdacht, dass mit Hilfe der Petition bewusst fremdenfeindliche Gesinnungen geschürt werden. "Ich ahne, welche Kräfte da am Werk sind", sagt die sozialversicherungspolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion, Anette Kramme".
(Quelle: http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,742967,00.html )
Meine Frage an Sie Frau Kramme:
1. Was denken Sie, welche Kräfte hier am Werk sind, bzw. wie ist Ihre Aussage zu verstehen.
2. Sind Sie der Meinung, dass diese Abkommen von 1964 aufrecht erhalten bleiben soll? Und wenn ja, weshalb soll diese Abkommen bestehen bleiben?
3. Welche Belastung entsteht durch das Sozialversicherungsabkommen den Krankenkassen?
Für eine Antwort bedanke ich mich.
Sehr geehrte Frau Stöger,
herzlichen Dank für Ihre Zuschrift, die ich nachfolgend gerne beantworte.
Zu Frage 1: Ich kenne den Petenten nicht und kann ihm nicht aus der Ferne eine entsprechende Gesinnung unterstellen. Der Inhalt der Petition - und vor allem die Mehrzahl der Kommentare im Forum - bedienen jedoch nationalistische Ressentiments und das Vorurteil, dass Ausländer unseren Staat ausnutzten. Dieses Vorurteil wird mehrheitlich im rechten bis ultrarechten Spektrum der Politik gepflegt. Ich glaube nicht, dass alle Unterzeichner sich selbst in diesem Segment verorten würden - vermutlich sind einige einfach simplifizierender Rhetorik und einer zu kurz geratenen Darstellung des komplexen Sachverhalts aufgesessen.
Zu Ihrer zweiten Frage: Ja, ich bin der Meinung, dass das Abkommen von 1964 aufrecht erhalten bleiben soll.
Drittens: Den Krankenkassen entstehen durch das Sozialversicherungsabkommen keine zusätzlichen Belastungen. Für das Abrechnungsjahr 2008 wurden der türkischen Krankenversicherung 10,98 Millionen Euro überwiesen. Das entspricht 0,007 Prozent, denn die Gesamtausgaben des deutschen Gesundheitssystems beliefen sich im gleichen Zeitraum auf rund 165,4 Milliarden Euro. Ohne Vorliegen eines gültigen Sozialversicherungsabkommens würde mit Sicherheit eine erhebliche Zahl der Familienangehörigen von ihren Nachzugsrecht Gebrauch machen und sich dann in Deutschland - zu deutlich höheren Kosten als der durchschnittlichen Pauschale von 48,50 Euro pro Monat in der Türkei - behandeln lassen. Dank des Sozialversicherungsabkommen werden also höhere Kosten vermieden.
Mit freundlichen Grüßen
Anette Kramme