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Andrej Hunko
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Frage von Jörg L. •

Frage an Andrej Hunko von Jörg L. bezüglich Finanzen

Sehr geehrter Herr Hunko,

Ist es nicht an der Zeit, auch wegen der ständigen Schuldenzuwächse in Europa (vor allem auch in den Kommunen) und zunehmender Arbeitslosikeit, Befristungen und Armut endlich das Thema Steueroasen in Europa anzugehen ?

Während die durchschnittliche BürgerIn in Europa mit immer weniger auskommen soll, wächst Jahr für Jahr der "Billionen Euro-Turm" in den Steueroasen.

Muss man nicht endlich aus demokratischen Gründen auch das Thema Schulden mit dem Thema Steueroasen und volkswirtschaftliche Prospirität verbinden ?

Bedarf es nicht endlich neue Regeln für Finanzspekulationen, die den BürgerInnen in Europa zugute kommen und die BürgerInnen dies auch in der Realität auch spüren ?

Für Ihre Antwort vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen
Jörg L.

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Sehr geehrter Herr Lindeholz,

vielen Dank für Ihre Frage. Ich stimme mit Ihnen überein, dass die Bekämpfung von Steuerflucht und Steuervermeidung sowie so genannter „Steueroasen“ insbesondere angesichts klammer öffentlicher Kassen ein wichtiges Thema ist. Hier entgehen den Staaten jedes Jahr Milliardenbeträge, die für sinnvolle öffentliche Ausgaben verwendet werden könnten. Das Problem ist jedoch, dass von den Regierungen sowie den EU-Institutionen in der Regel nicht mehr als Lippenbekenntnisse kommen. Alle Jahre wieder wird sich über Steueroasen aufgeregt und versprochen, gegen diese vorzugehen. Tatsächlich passiert aber viel zu wenig.

Um dieses Problem zu lösen, bedarf es strikter und vor allem internationaler Regeln, um Steueroasen auszutrocknen. Zugleich müssten die enormen angehäuften Vermögen abgeschöpft und umverteilt werden. DIE LINKE fordert unter anderem die sofortige Abschaffung der Abgeltungssteuer auf private Kapitalerträge, die Einkommen aus Arbeit benachteiligt. Darüber hinaus müssen die internationalen Konventionen gegen Geldwäsche und Steuerhinterziehung in Deutschland konsequent umgesetzt werden. Auf internationaler Ebene müssen Doppelbesteuerungsabkommen mit anderen Steuerparadiesen gekündigt und gegebenenfalls durch eine saftige Quellenbesteuerung ersetzt werden. Banken mit Aktivitäten in Steuerparadiesen ist die Lizenz zu entziehen.

Und wir müssten gar nicht weit weg schauen, um Probleme anzugehen: Laut dem „Schattenfinanzindex“ des renommierten Tax Justice Network steht Deutschland auf Platz acht der Rangliste von Steueroasen. Dies liegt unter anderem an der unzureichenden Bekämpfung der Steuerhinterziehung über Stiftungen und Treuhandgesellschaften sowie an den viel zu laxen Gesetzen gegen Geldwäsche.

Auch in der EU ist dies ein grundlegendes Problem. Denn anstatt die Steuerpolitik zu harmonisieren ist im Konstitutionsprozess der EU auch in diesem Bereich auf Wettbewerb gesetzt worden. Dadurch konkurrieren die Mitgliedsländer um Unternehmen und versuchen sie durch Steuerdumping anzulocken.

Mit freundlichen Grüßen
Andrej Hunko

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