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Andrej Hunko
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Frage von Dieter G. •

Frage an Andrej Hunko von Dieter G. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen

Sehr geehrter Herr Hunko ,

die KOMMISSION DER EUROPÄISCHEN GEMEINSCHAFT hatte am 25.März 2009 einen
neuen Vorschlag für einen RAHMENBESCHLUSS DES RATES zur Bekämpfung des
sexuellen Missbrauchs und der sexuellen Ausbeutung von Kindern sowie der
Kinderpornografie und zur Aufhebung des Rahmenbeschlusses 2004/68/JI des
Rates vorgelegt:

http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/com/2009/com2009_0135de01.pdf

Der Deutsche Bundesrat hatte dazu am 05.05.2009 eine Empfehlung mit
Drucksache 297/1/09 abgegeben hier:

http://www.bundesrat.de/cln_099/SharedDocs/Drucksachen/2009/0201-300/297-1-09,templateId=raw,property=publicationFile.pdf/297-1-09.pdf

Die FDP-Fraktion im Deutschen Bundestag hatte dazu am 01.07.2009 einen
Antrag mit der Drucksache 16/13704 gestellt hier:

http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/137/1613704.pdf

Weiter ist mir dazu eine Stellungnahme der Bundesrechtsanwaltskammer
bekannt hier:

http://www.brak.de/seiten/pdf/Stellungnahmen/2009/Stn31.pdf

Mir fehlen nun weitere Informationen, insbesondere über den aktuellen
Stand in dieser Sache. Ich bitte deshalb um eine Auskunft mit den folgenden
Fragen:

1. In welchen Ausschüssen wird gegenwärtig über den Entwurf des neuen
Rahmenbeschlusses beraten und bis zu welchem Termin ist mit einem Ergebnis
zu rechnen ?

2. Hat der neue Lissabon-Vertrag Auswirkungen auf dieses Verfahren und
wenn ja, welche ?

3. Welche Positionen vertreten Sie bzw. ihre Partei/Fraktion zu diesem
Thema ?

Vielen Dank für Ihre Mühe und Zeit und Antwort,

mfg Dieter Gieseking

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gieseking,

vielen Dank für Ihre Anfrage.

Zu Ihrer ersten Frage:

Der Entwurf der Richtlinie befindet sich derzeit im Rechtsauschuss des Deutschen Bundestages, der federführend für die Beratung ist. Beteiligt sind weiterhin der Innenausschuss, der Ausschuss für (A. f.) Wirtschaft und Technologie, A. f. Familie, Senioren, Frauen und Jugend, A. f. Menschenrechte und humanitäre Hilfe, A. f. Tourismus, A. f. die Angelegenheiten der Europäischen Union und der A. f. Kultur und Medien.

Nach dem Subsidiaritätsprinzip kann die EU nicht tätig werden, wenn eine Regelung auf mitgliedstaatlicher Ebene besser oder gleich gut wäre. Für den Regelungsbereich der Richtlinie ist deshalb offenkundig keine Kompetenz für die EU gegeben. In der letzten Rechtsausschusssitzung haben die Oppositionsfraktionen auf diesen Umstand eindringlich hingewiesen und einen Antrag der Grünen auf Erhebung einer Subsidiaritätsbeschwerde unterstützt. Die Mehrheit des Ausschusses aus CDU/CSU und FDP hat diese Vorlage jedoch vertagt - und zwar auf einen Zeitpunkt nach Ablauf der Frist, in der die Subsidiaritätsrüge durch den Bundestag erhoben werden kann. Das ist ein Skandal. Mit diesem Manöver der Regierungsmehrheit wurden die sachlich und fachlich berechtigten Einwände der Oppositionsfraktionen arrogant übergangen. Vor allem wurden die Bundesrepublik und ihre Menschen eines Mittels beraubt, ihre demokratischen Interessen in der Europäischen Union zu verteidigen.

Zu Ihrer zweiten Frage:

Der Lissabon-Vertrag hat Auswirkungen. Zum einen hatte vor seinem Inkrafttreten das Europaparlament kein Mitspracherecht beim "alten" Rahmenbeschluss zur Materie. Für die Behandlung der aktuellen Richtlinie ist ein solches Mitspracherecht vorgesehen. Der Ausschuss für bürgerliche Freiheiten des Europaparlaments befasste sich übrigens schon am 27. April 2010 erstmals mit der Vorlage. Die Öffentlichkeit hat also die Möglichkeit Druck auf die Abgeordneten im Europaparlament auszuüben. Eine politische Einigung auf europäischer Ebene würde ich nicht vor Ende 2010 erwarten.

Eine weitere wichtige Änderung betrifft die Rechtsqualität des Rechtsaktes: Diese ist von einem Rahmenbeschluss zu einer Richtlinie geworden. Vereinfacht ausgedrückt: Bei einem Rahmenbeschluss können die Mitgliedstaaten im Prinzip ohne weitere Folgen die Umsetzung in das innerstaatliche Recht verweigern. Bei der aktuellen Richtlinie sieht das anders aus. Eine ausbleibende Umsetzung kann ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik nach sich ziehen. In bestimmten Fällen ist sogar eine automatische Umsetzung (unmittelbare Anwendbarkeit) in deutsches Recht denkbar. Deswegen wäre die Erhebung einer Subsidiaritätsbeschwerde wichtig gewesen. Die Frist ist jedoch am 25. Mai 2010 verstrichen. Solange die Richtlinie allerdings auf europäischer Ebene in der Debatte ist, ist der politische Kampf gegen sie immer noch zu gewinnen. Selbst nach einem etwaigen Erlass bleibt der Gang vor den Europäischen Gerichtshof.

Zu Ihrer dritten frage:

Die Fraktion DIE LINKE. im Bundestag fordert die juristische Verfolgung der Urheber/innen kinderpornographischer Seiten und ihre Schließung. So können wir Kinder effektiver schützen und dabei die Freiheit des Internets bewahren.

Die Debatte um kinderpornographische Inhalte im Netz wird als Vorwand genutzt, um Filtermaßnahmen des Internets durchzusetzen. Diese lehnen wir als Zensurmaßnahmen ab. Denn sie beeinträchtigen unzulässig das Recht auf freien Informationszugang und freie Meinungsäußerung. Die Erfahrungen in anderen Ländern zeigen, dass Netzsperren gegen kinderpornografischen Seiten nur ein Einstieg in die staatliche Kontrolle des Internets sind. Unser Ziel ist es, die offene Technologie des Netzes zu bewahren und so sein Innovations- und Entwicklungspotential zu fördern. Näheres können Sie unserem Antrag entnehmen, mit dem wir die Herausnahme von Internetsperren aus der EU-Richtlinie verfolgen: http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/17/017/1701739.pdf

Ich hoffe Ihnen mit meinen Antworten weitergeholfen zu haben und verbleibe

mit freundlichen Grüßen

Andre Hunko

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