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Frage von Onur Y. •

Warum haben Sie gegen den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan gestimmt?

Sehr geehrter Herr Wagner,

ich schätze Ihre politische Weltanschauung und bewundere und achte Ihr politisches Engagement. Nichtsdestotrotz bleibt mir Ihre Stimme gegen den Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan rätselhaft. Hätte Ihre Entscheidung am 25. August nicht zur Folge gehabt, dass wir die deutschen Staatsangehörigen und afghanischen Ortskräfte in Afghanistan im Stich gelassen hätten? Ich frage mich daher ernsthaft nach Ihren Motiven mit einem ,,Nein" gestimmt zu haben und wäre für eine Antwort sehr dankbar!

Mit freundlichen Grüßen
Onur

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Sehr geehrter Herr Y.,

herzlichen Dank für Ihre Frage, die ich gerne beantworte.

Der Antrag der Bundesregierung für einen "Einsatz bewaffneter deutscher Streitkräfte zur militärischen Evakuierung aus Afghanistan" vom 18.08.2021 sah laut Auftrag eine "Evakuierung deutscher Staatsangehöriger und im Rahmen verfügbarer Kapazitäten von Personal der internationalen Gemeinschaft sowie weiterer designierter Personen aus Afghanistan" vor. Zur Durchsetzung des Auftrages war auch der Einsatz militärischer Gewalt vorgesehen. Die Ermächtigung zum Einsatz sollte bis zum 30. September 2021 erfolgen. Das Einsatzgebiet umfasste das gesamte Staatsgebiet Afghanistans.

Der Antrag, der zur Beschlussfassung vorlag, war hinsichtlich der zu evakuierenden Personen unklar, die Rettung von schutzsuchenden Afghanen war mit der Formulierung "im Rahmen verfügbarer Kapazitäten" nachrangig. Hinsichtlich Dauer, Einsatzgebiet und dem Einsatz militärischer Gewalt, war er zu weitreichend. Mit dem Mandat wäre es möglich gewesen, dass deutsche Soldaten den Auftrag bekommen, mit militärischer Gewalt zu evakuierende Menschen auf dem gesamten Staatsgebiet von Afghanistan in Kommandoaktionen freizukämpfen. Zum Zeitpunkt der Beschlussfassung im Bundestag war klar, dass die Taliban ausländische Streitkräfte auf dem Staatsgebiet von Afghanistan nur bis zum 31.08.2021 dulden. Im Falle einer direkten militärische Konfrontation mit den Taliban wäre die Sicherheitslage sowohl für die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr als auch für die schutzsuchende Afghanen gefährlich eskaliert. So meine Befürchtung.

Als Parlamentarier habe ich eine hohe Verantwortung gegenüber der Bundeswehr als Parlamentsarmee und den Soldatinnen und Soldaten. Ich hielt das Bundeswehrmandat, so wie es zur Beschlussfassung vorlag, angesichts der unübersichtlichen und gefährlichen Sicherheitslage in Afghanistan und insbesondere in Kabul, für die Soldatinnen und Soldaten für nicht verantwortbar und habe daher das Mandat abgelehnt und mit Nein gestimmt.

Vor dem Hintergrund sehr konkreter terroristischer Anschlagswarnungen gegen den Flughafen in Kabul und die dort eingesetzten internationalen Kräfte sowie schutzsuchende Menschen, die sich durch das schreckliche Attentat am 26.08.2021 mit über 170 Toten manifestiert haben, hat die Bundesregierung noch am selben Tag die militärische Evakuierungsaktion abgebrochen und beendet.

In einer gemeinsamen persönlichen Erklärung zum meinem Abstimmungsverhalten habe ich mich mit sechs Kolleginnen und Kollegen für eine Diplomatische Offensive für zivile Evakuierungen ausgesprochen. Die persönliche Erklärung ist auf meiner Internetseite www.andreas-wagner-mdb.de veröffentlicht.

Freundliche Grüße

Andreas Wagner, MdB