Frage an Andreas Schockenhoff von Wolfgang N. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Sehr geehrter Herr Dr. Schockenhoff,
1.
Organisationen wie Brot für die Welt, Terre des Hommes, Misereor, Pax Christi, Ohne Rüstung Leben, medico international usw. unterstützen die „Aktion Aufschrei“. Diese fordert ein grundsätzliches Verbot des Waffenhandel und die Aufnahme eines entsprechenden Satzes in das Grundgesetz. Wie stehen Sie zu dieser Aktion?
2.
Kleinwaffen sind die Massenvernichtungswaffen unserer Zeit. Ca. 875 Millionen sind weltweit im Umlauf. Bis zu 90 Prozent aller Kriegsopfer werden durch Kleinwaffen getötet. Jede Kleinwaffe hat eine durchschnittliche Verwendungsdauer von 30-50 Jahren. Wie stehen Sie zu einem Verbot des Exports von Kleinwaffen?
3.
Repräsentative Umfragen belegen, dass eine große Mehrheit der Bundesbürger, d.h. etwa 78 Prozent, Waffenlieferungen in andere Länder ablehnt. Welchen Stellenwert haben solche Umfrageergebnisse für Sie als Volksvertreter?
4.
Waffenexporte jeglicher Art sind immer ein Beitrag zu mehr Krieg, mehr Zerstörung, mehr Tod und unermesslichem Leid von Menschen und schon deshalb aus ethischen Gründen abzulehnen. Teilen Sie als christlicher Politiker diese Einstellung?
5.
Bei Podiumsdiskussionen im Kreis Ravensburg zur Bundestagswahl 2013 erläuterten Sie zum Thema Rüstungsexporte, dass der Bundessicherheitsrat sehr restriktiv arbeite und etwas 80% der Anträge auf Waffenexport ablehnen würde.
Laut dem Rüstungsexportbericht der Bundesregierung für 2011 (2012 liegt noch nicht vor) lagen dem Bundessicherheitsrat 17.586 Anträge auf Genehmigung des Exports von Waffen vor, davon wurden lediglich 105 abgelehnt, dies entspricht gut 0,5 Prozent.
Ihre Angaben stehen hierzu in einem krassen Gegensatz. Bitte geben Sie an, auf welche Quellen Sie sich bei ihren Angaben beziehen.
Sehr geehrter Herr Nippe,
herzlichen Dank für Ihre Fragen. Das Thema Rüstungsexporte hat den Deutschen Bundestag in der auslaufenden Wahlperiode sehr bewegt. Das Thema ist emotional sehr aufgeladen, und es befindet sich in einem Spannungsfeld aus notwendiger Geheimhaltung in sicherheitspolitischen Fragen und den Transparenzerfordernissen unserer Demokratie.
Bei Debatten um Rüstungsexporte ist immer zu betonen, dass Deutschland sich selbst eine strenge Selbstbeschränkung auferlegt hat. Das zuständige Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie richtet sich bei der Genehmigung von Rüstungsexporten nach den „Politischen Grundsätzen der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen“ aus dem Jahr 2000. „Lieferungen an Länder, die sich in bewaffneten äußeren Konflikten befinden oder bei denen eine Gefahr für den Ausbruch solcher Konflikte besteht, scheiden (…) grundsätzlich aus“, heißt es. Auch bei dem „hinreichenden Verdacht“, dass deutsche Waffen zur Unterdrückung der Bevölkerung oder „sonstigen fortdauernden (…) Menschenrechtsverletzungen“ im Empfängerland missbraucht werden, gibt es grundsätzlich keine Exportgenehmigung.
Die Genehmigung von Rüstungsexporten unterliegt also ständiger Abwägung und Reaktion auf politische Ereignisse. Diese Regelung, aufgestellt von einer rot-grünen Bundesregierung im Jahr 2000, wurde von der christlich-liberalen Regierung nicht aufgeweicht. Auch die Geheimhaltung der Beschlüsse des Bundessicherheitsrates und die jährliche Publikation des Rüstungsexportberichtes gehen auf Entscheidungen der rot-grünen Bundesregierung zurück.
Hinsichtlich Ihrer Frage zum Kleinwaffenexport darf ich auf den Vertrag über die Regulierung von Waffenhandel verweisen, den die Bundesregierung im Juni 2013 unterschrieben und der Bundestag mit den Stimmen von CDU/CSU ratifiziert hat. Damit setzt sich Deutschland gemeinsam mit über 60 anderen Staaten für die Implementierung verbindlicher Regeln im Bereich der Rüstungsexporte ein.
Der Vertrag ist ein Meilenstein unserer globalen Anstrengungen um Rüstungskontrolle und Sicherheit. Neben den bereits erwähnten Kleinwaffen werden auch Großwaffensysteme, Munition und einzelne Bauteile erfasst. In der Praxis bedeutet dies, dass der Export von Panzern, bewaffneten Fahrzeugen, schweren Artilleriesystemen, Kampfflugzeugen und -hubschraubern, Kriegsschiffen, Raketen und Raketenwerfern sowie kleinen und leichten Waffen fortan strenger kontrolliert und reguliert wird.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schockenhoff