Frage an Andreas Schockenhoff von Katja R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Schockenhoff,
erst einmal herzlichen Dank für Ihre sehr schnelle Antwort, das habe ich bislang noch sehr selten erlebt.
Ich hoffe, Sie gestatten mir einige Nachfragen.
Was haben immer mehr integrierte bzw. transnationale europäische Fähigkeiten in nationalen Streitkräften mit dem Parlamentsvorbehalt zu tun? Worum genau handelt es sich denn bei diesen integrierten bzw. transnationalen Fähigkeiten? Ich persönlich kann mir nichts darunter vorstellen.
Mir ist auch nicht klar, warum es in Ihrer Kommision mehr Nichtparlamentarier als Abgeordnete gibt, die der Wähler befragen kann.
Quelle :Die weiteren Mitglieder der Kommission seien nach dem Blog http://augengeradeaus.net von Thomas Wiegold (20.03.2014): Für die CDU/CSU Andreas Schockenhoff (CDU-Bundestagsabgeordneter), Hans-Peter Uhl (CSU-Bundestagsabgeordneter), Prof. James W. Davis (Politikwissenschaftler, St. Gallen), Prof. Georg Nolte (Jurist, Humboldt Universität, Berlin), Prof. Matthias Herdegen (Jurist, Bonn), Generalleutnant a. D. Rainer Glatz (früherer Befehlshaber des Einsatzführungskommandos der Bundeswehr) und für die SPD Rainer Kolbow (ehemaliger Parlamentarischer Staatssekretär im Verteidigungsministerium), Niels Annen (SPD-Bundestagsabgeordneter), Rainer Arnold (SPD-Bundestagsabgeordneter), Wolfgang Zeh (Jurist und ehemaliger Bundestags-Direktor), General a. D. Wolfgang Schneiderhan (früherer Generalinspekteur der Bundeswehr).
Wer legt denn die Teilnehmer solcher Kommisionen fest und warum gibt es keine parlamentarische Arbeitsgruppe?
Wem gegenüber müssen denn die Parlamentsrechte gesichert werden? Sind diese denn bislang nicht gesichert? Bei einer Veränderung kann es mehr oder weniger Beteiligung geben, wenn alles so bleiben soll, wie es ist, denn braucht es für den Erhalt des Status Quo keine Kommision.
Ich wäre für ein paar erhellende Auskünft sehr verbunden.
Mit freundlichen Grüssen
Katja Rauschenberg
Sehr geehrte Frau Rauschenberg!
Zu Ihren erneuten Fragen möchte ich wie folgt und abschließend antworten:
- Integrierte europäische Fähigkeiten sind Streitkräfte wie das AWACS-Aufklärungsflugzeug bei dem die Bündnispartner von einander abhängig sind; steigt Deutschland, das 30% der Besatzung stellt, aus AWACS aus, kann das Flugzeug wegen der Rotation der Mannschaften nach einer bestimmten Zeit mangels Personals nicht mehr eingesetzt werden. Transnationale europäische Fähigkeiten sind Streitkräfte, bei denen verschiedene Nationen ihre nationalen Streitkräfte in einen Pool einbringen, z.B. beim gemeinsamen europäischen Lufttransportkommando in Eindhoven, um so die Fähigkeiten gegenüber rein nationalen Fähigkeiten zu erhöhen, wobei im Einzelfall eine Nation aus gravierenden Gründen eine Teilnahme an einem Einsatz ablehnen kann, ohne dass dadurch - wie bei AWACS - alle anderen Partner an dem Einsatz gehindert werden. Ein weiteres Beispiel ist, dass sich (insbesondere kleine) Länder bestimmte Fähigkeiten nicht mehr leisten können (z.B. die baltischen Staaten haben keine Luftwaffe), sich dabei aber auf ihre Partner verlassen, die diese Aufgabe mit übernehmen. Diese Tendenz wird aus Kostengründen in Europa immer mehr zunehmen, d.h. die Partner werden immer mehr voneinander abhängig werden und wollen von daher von vornherein eine klare Berechenbarkeit, wie weit die anderen Partner im Einsatzfall auch teilnehmen würden. Diese zunehmende Abhängigkeit voneinander einerseits und andererseits auch weiterhin das Recht des Bundestages, in jedem Einzelfall unabhängig entscheiden zu können (also dieses Parlamentsrecht zu sichern), in Einklang zu bringen, ist die Aufgabe der Kommission.
- Das beantwortet zugleich auch Ihre Frage, warum von der "Sicherung" der Parlamentsrechte im Mandat der Kommission die Rede ist.
- Ursprünglich war in den Koalitionsverhandlungen zwischen CDU/CSU und SPD eine reine Expertenkommission vorgesehen. Die Koalitionspartner hatten sich bei der Erarbeitung des Mandats für die Kommission allerdings darauf verständigt, dass in die Beratungen der Kommission auch die parlamentarischen Erfahrungen mit dem gültigen Parlamentsbeteiligungsgesetz durch die Teilnahme von Abgeordneten eingebracht werden sollten.
- Die Teilnehmer wurden durch die Fraktionen entsprechend dem im Mandat festgelegten Schlüssel benannt.
- In meiner Fraktion ist die Frage der Parlamentsbeteiligung ein ständiger Diskussionspunkt in den verschiedenen, fachlich betroffenen Arbeitsgruppen, insbesondere den Arbeitsgruppen für Außen- und Verteidigungspolitik. Eine zusätzliche Arbeitsgruppe ist deshalb nicht erforderlich. Außerdem hat die Kommission den Auftrag, dem Bundestag bis April 2015 mit Blick auf die o.g. Herausforderungen Handlungsoptionen vorzuschlagen. Dann berät der Bundestag in den zuständigen Ausschüssen und in den jeweiligen Fraktionsarbeitsgruppen sowie im Plenum und entscheidet anschließend, wie er mit den von der Kommission vorgeschlagenen Handlungsoptionen verfährt.
Mit besten Grüßen
Andreas Schockenhoff