Frage an Andreas Schockenhoff von Ottmar M. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Guten Tag Herr Dr. Schockenhoff,
vor einiger Zeit kritisierten Sie die russische Regierung wegen Mißachtung von Demokratie und Menschenrechten. Das ND berichtete am 11.05.13, daß ein pakistanisches Gericht die Regierung aufforderte, US-Drohnen abzuschießen, weil damit zahllose Zivilsten getötet werden! Ebenso, daß ein US-Soldat im Sender NPR berichtete, daß durch seine Tätigkeit ein Kind getötet wurde, er sich weigerte, weiter Raketen von Drohnen aus abzuschießen und sich mittlerweise in psychologischer Behandlung befinde. Der Ex-Antiterror-Berater der US-Regierung Boyle wird zitiert: „Die Regierung (Obama) betreibt im Prinzip eine Politik des Killens und nicht Festnehmens.“ Gibt man bei Google als Suchbegriff „Drohnenopfer Pakistan“ ein, erscheint u.a. „2.800 tote Zivilisten in 7 Jahren“. Auf welcher, internationalem Recht entsprechendem Grundlage beruht diese Vorgehensweise der US-Regierung überhaupt, lt. Prof. Brooks im US-Kongress (auch ND vom 11.05.13) „jedermann irgendwo auf der Welt jederzeit zu töten“? Wie ist diese Vorgehensweise mit den Menschenrechten oder Rechtsstaatlichkeit zu vereinbaren? Die gleiche Frage stellt sich, wenn man sich die Veröffentlichungen bei wikileaks ansieht! Mit Verlaub, Herr Dr. Schockenhoff, wer soll Ihre Kritik ernst nehmen, insbesondere in Russland, wenn in einem fort Russland, Iran, Syrien usw. kritisiert werden, während den sogenannten Antiterroraktionen der USA, wie in zahlreichen Medien zu lesen ist, tausende Zivilisten zum Opfer fallen? Gab es wegen dieser Aktionen überhaupt schon einmal öffentliche Kritik an den USA? Ist mir die entgangen? Man muß nicht Sympathisant des verbrecherischen syrischen Regimes sein, aber wo ist denn nun der Unterschied zwischen dem Antiterrorkampf der USA und dem der syrischen Regierung, denn die behauptet ja auch nur, Terroristen zu bekämpfen? Im ND ist ebenfalls zu lesen, daß der Ex-Chef-Jurist des US-Außenministeriums das Drohnenprogramm als „illegal“ bezeichnete.
O. Müller
Sehr geehrter Herr Müller,
vielen Dank für Ihre Frage zum Einsatz von bewaffneten Drohnen. Ich verstehe Ihre Sorge. Allerdings ist der Vergleich mit den USA nicht gerechtfertigt. Deutschland wird sein militärisches Handeln niemals über das Völkerrecht und niemals über das Grundgesetz stellen - gleichwohl weiß ich, dass andere Staaten anders handeln. Für uns gilt aber unser Grundgesetz und unser Recht, und das würde auch bei einem Einsatz von Drohnen gelten. Daher warne ich davor, von der Einsatzart und der Einsatzmethode anderer Staaten auf das Einsatzmittel selbst zu schließen. Zugespitzt heißt das: Wer im Falle der Bundesrepublik so argumentiert, missachtet die 60jährige Tradition demokratischer Kontrolle der Bundeswehr, unterstellt ihr mangelnde Rechtsstaatlichkeit und degradiert den „Staatsbürger in Uniform“ zur leeren Worthülse. Er verkennt zudem die völkerrechtliche Legitimation von Auslandseinsätzen der Bundeswehr und verschweigt, dass der Bundestag, und mit ihm so mancher Kritiker, immer über Auslandseinsätze der Bundeswehr beschließt. Diese wichtige sicherheitspolitische Frage muss offen und öffentlich debattiert werden. Aber die Debatte muss sachlich, fair und differenziert geführt werden. Und das ist bisher noch nicht der Fall. Viel der Kritik an Drohnen erscheint mir nicht gegen Drohnen, sondern gegen Waffen allgemein gerichtet zu sein. Die Verengung der Diskussion auf Drohnen als Instrument im asymmetrischen Kampf gegen Terroristen ist aus den zuvor genannten Gründen sachlich einseitig und politisch diskreditierend.
Mit besten Grüßen
Andreas Schockenhoff