Frage an Andreas Schockenhoff von Josef R. S. bezüglich Wirtschaft
Staatsrechtler halten den geplanten dauerhaften Euro-Rettungsschirm (ESM) für verfassungswidrig!
Sehr geehrter Herr Dr. Schockenhoff,
wie stellen Sie sich zum ESM-Vertrag?
Dieses Institut, das dadurch entsteht, verwaltet den 700 Milliarden Euro schweren permanenten europäische Rettungsschirm, und hebelt die tragenden Prinzipien von Demokratie und Republik aus.
Die Kontrolle durch ein unabhängiges Parlament und durch eine unabhängige Justiz,
das Volk als höchster Souverän,
die prinzipielle Rückholbarkeit aller politischen Entscheidungen
diese Möglichkeiten sind im ESM Vertrag nicht vorgesehen.
Können Sie das verantworten?
Mich interessiert Ihre Meinung dazu.
Mit freundlichen Grüßen
Josef R. Schuler
Sehr geehrter Herr Schuler,
wie Sie meinem Abstimmungsverhalten vom 29.06. entnehmen können bin ich von der Richtigkeit und Wichtigkeit des ESM überzeugt. Ihre Sorge, der ESM "hebelt die tragenden Prinzipien von Demokratie und Republik aus" ist grundlos.
Der Deutsche Bundestag nimmt seine Haushaltsverantwortung im Zusammenhang mit dem Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) im vollen Umfang wahr. Alle wesentlichen Entscheidungen, die der ESM treffen kann, einschließlich der Gewährung von Finanzhilfen oder Änderungen am gezeichneten Kapital, müssen einstimmig durch den Gouverneursrat des ESM getroffen werden. Deutschland verfügt über seinen Vertreter im Gouverneursrat dabei bei allen wichtigen Entscheidungen des ESM über ein Vetorecht. Mit dem ESM-Finanzierungsgesetz haben wir dieses Vetorecht dem Deutschen Bundestag übertragen, indem dem Abstimmungsverhalten des deutschen Vertreters im Gouverneursrat ein umfangreicher Parlamentsvorbehalt vorgeschaltet wurde. Hat der Bundesfinanzminister als deutscher Vertreter im Gouverneursrat kein positives Votum des Bundestages, muss er mit Nein stimmen.
Aufgrund der von uns im Gesetzgebungsverfahren bewusst verankerten Regelung muss das Plenum des Deutschen Bundestages immer dann vorher zustimmen, wenn der ESM ein neues finanzielles Risiko eingeht. Das ist insbesondere bei Entscheidungen über neue Hilfsprogramme der Fall oder auch bei finanzwirksamen Änderungen von bestehenden Programmen. Der Haushaltsausschuss begleitet die Umsetzung der Programme. Seine Zustimmung ist z. B. dann notwendig, wenn die Bedingungen von Hilfsprogrammen geändert werden sollen, auch wenn das Volumen des Hilfspaketes unverändert bleibt. Zudem ist er vor Auszahlungen einzelner Tranchen bereits genehmigter Programme zu beteiligen. Das sog. 9er-Gremium kommt nur zum Einsatz, wenn im Rahmen eines Hilfsprogramms Anleihekäufe auf dem Sekundärmarkt vorgesehen sein sollten. Diesen Einsatz hat das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich erlaubt.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Schockenhoff