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Andreas Schockenhoff
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Frage von Wolfgang N. •

Frage an Andreas Schockenhoff von Wolfgang N. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schockenhoff,

Sie haben vor wenigen Tagen im Bundestag gegen einen Antrag der LINKEN gestimmt, der folgenden Wortlaut hatte:
"Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, keine Genehmigung für die Lieferung von Kampfpanzern an Saudi-Arabien zu erteilen. Sollte eine Genehmigung bereits erteilt worden sein, ist sie zu widerrufen.
Begründung:
Eine solche Genehmigung würde die "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" sowie den "Gemeinsamen Standpunkt" der EU verletzen. Es besteht hinreichender Verdacht, dass diese Waffen zur internen Repression in Saudi-Arabien eingesetzt werden (Absatz I.3. der Politischen Grundsätze). Der Panzerexport würde die Sicherheit und Stabilität der Region gefährden (Artikel 2, Kriterium 4 des Gemeinsamen Standpunktes). Saudi-Arabien ist in Bahrain und an der Grenze zum Jemen in bewaffnete Auseinandersetzungen verwickelt, zudem werden bestehende Spannungen in der Region aufrechterhalten und verschärft (Absatz III.5. der Politischen Grundsätze)."
Als Bürger ihres Wahlkreises bin ich daran interessiert zu erfahren, warum Sie persönlich diesen Antrag abgelehnt haben und bitte Sie hierfür um eine Begründung.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Nippe

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Nippe,

vielen Dank für Ihre Mail, worin Sie Ihre Einwände gegen mögliche Panzerlieferungen an Saudi-Arabien darlegen.

Ich stimme Ihnen zu: Für eine solche Entscheidung müssen umfassend alle Argumente gründlich gewägt werden. Dabei ergibt sich ein Spannungsbogen widerstreitender Interessen.

Für die CDU/CSU ist es zuvorderst besonders wichtig, dass bei möglichen Rüstungsexporten in die arabische Welt die Sicherheit Israels nicht gefährdet wird. Zudem muss es eine enge Abstimmung mit unseren Bündnispartnern geben.

Im Hinblick auf Saudi-Arabien beobachten auch wir - gerade vor dem Hintergrund der Ereignisse des „arabischen Frühlings“ - mit Sorge die Entwicklung in Bahrein und die Menschenrechtslage. Ohne Zweifel entspricht Saudi-Arabien nicht unseren Maßstäben einer freiheitlich-demokratischen Grundordnung. Die Bundesregierung schweigt zu diesen Defiziten keineswegs.

Gleichzeitig kann man nicht von der Hand weisen, dass Saudi-Arabien ein einflussreicher Faktor in der Region ist, der etwa eine wichtige Rolle für den Friedensprozess im Nahen Osten spielen kann. Saudi-Arabien hat im Jahr 2002 eine Friedensinitiative ergriffen, die im israelisch-palästinensischem Konflikt die Zweistaatenlösung zum Ziel hat.

Die Möglichkeit eines geordneten Machtübergangs im Jemen durch den Golfkooperationsrat wäre ohne die Unterstützung Saudi-Arabiens undenkbar. Der Jemen droht zu einem zerfallenden Staat zu werden, von dem aus Al Kaida ungehindert agieren und Terror exportieren könnte. Ohne die Unterstützung Saudi-Arabiens wäre es auch nicht zur Befreiung deutscher Geiseln im Jemen gekommen.

Riad ist ferner ein strategisches Gegengewicht gegen den Einfluss Irans, dessen Streben nach einer atomaren Bewaffnung und Teherans Unterstützung terroristischer Organisationen wie der Hisbollah im Libanon und der Hamas im Gaza-Streifen.

Der Einwand, man dürfe aufgrund des demokratischen Aufbruchs in der arabischen Welt ein repressives Regime nicht noch durch Waffenlieferungen stabilisieren, ist sicherlich legitim - und greift doch zu kurz. Denn zum einen stabilisieren wir täglich das saudische Königshaus viel nachhaltiger durch unseren Griff zur Zapfsäule und sichern ihm somit Milliardeneinkünfte aus seinen Ölexporten. Und ob zum anderen durch eine Waffenlieferung an Saudi-Arabien die demokratische Entwicklung in Tunesien oder Ägypten geschwächt würde, kann bezweifelt werden.

Und schließlich wurden unter Rot-Grün im Jahr 2001 Waffen für 31 Millionen D-Mark an Saudi-Arabien geliefert. Darunter befanden sich unter anderem auch Revolver, Pistolen, Teile für Gewehre und Karabiner, Maschinenpistolen und Maschinengewehre. Im Jahr 2005 - also ebenfalls noch unter Rot-Grün - wurden sogar Scharfschützengewehre ausgeliefert. Dies alles sind Waffen, die insbesondere in Konflikten mit Aufständischen zum Einsatz kommen.

Bei nüchterner Betrachtung bleibt die Tatsache, dass im Interesse von Frieden und Sicherheit in der Region wir nicht nur dort mit Partnern zusammenarbeiten müssen, die nicht unseren eigenen demokratischen Maßstäben entsprechen. Der ausbleibende Protest Israels gegen einen möglichen Rüstungsexport nach Saudi-Arabien verdeutlicht, dass man dort die gleichen Interessen bezüglich einer Eindämmung des Vormachtstrebens Irans hat.

Aus guten Gründen ist die Genehmigung von solchen Rüstungsexporten der Exekutive überlassen, die geheim darüber berät. Der Bundestag wird im jährlichen Rüstungsexportbericht der Bundesregierung darüber aber im Nachhinein informiert - daran wurde auch bei der Verschärfung der Rüstungsexportrichtlinien unter Rot-Grün im Jahr 2000 nichts geändert.

Die CDU/CSU-Bundestagsfraktion ist überzeugt davon, dass die Bundesregierung bei einem möglichen Export von Panzern aus deutscher Herstellung in dem geschilderten Spannungsbogen gegenläufiger Interessen die hier dargelegten Aspekte verantwortungsvoll abgewogen hat.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr Andreas Schockenhoff