Frage an Andreas Schockenhoff von Stephan H. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Dr. Schockenhoff,
als langjähriger Luftsportler habe ich drei Fragen an Sie:
1.)
Im §7 des LuftSiG werden Zuverlässigkeitsüberprüfungen für Privatpiloten gefordert.
In §17 des gleichen Gesetzes ist geregelt, daß es einer vom Bundesrat bestätigten Durchführungsverordnung bedarf. Diese gibt es derzeit nicht, Herr Schily hat dennoch die Regierungspräsidien angewiesen, sofort mit ZÜP zu beginnen. Das führt zu einer völlig unübersichtlichen Situation, da keiner weiß, was geprüft werden soll, was es kosten soll und dergleichen.
Werden Sie im Falle eines künftigen Abgeordnetenmandats diesen Rechtsbruch stoppen und werden Sie sich dafür einsetzen, daß Piloten von Kleinflugzeugen von dieser Pflicht zur Zuverlässigkeitsüberprüfung ausgenommen werden?
2.)
Alle Piloten müsen sich einer Zuverlässigkeitsüberprüfung (ZÜP) nach LuftSiG unterziehen lassen. Dies ist auch kostenpflichtig. Die Untersuchung soll periodisch wiederholt werden. Sind Sie der Meinung, daß ein solcher Globalverdacht angemessen ist? Wird dadurch nicht der Grundsatz «in dubio pro reo» und damit unser Rechtsverständnis ausgehebelt?
Sollte nicht ein gewisser Anfangsverdacht wenigstens die ZÜP rechtfertigen?
3.)
Am 1. Mai 2005 trat in Deutschland JAR-FCL 3 in Kraft, welche die Lizenzierung für Privatpiloten regelt. Als Europäische Regelung gedacht, wurde diese jedoch in Deutschland wesentlich schärfer formuliert als der englische Originaltext, was dazu führt, daß Piloten bei minimalen medizinischen Ereignissen teure bürokratische Verfahren über sich ergehen lassen müssen. Durch diese Vorschriften ist der Bestand des Luftsports in Deutschland ernsthaft gefährdet.
Werden Sie sich für Regelungen einsetzen, die dem Verhältnis Arzt/Pilot wieder mehr gerecht wird, sodaß der Arzt über die Tauglichkeit eines Piloten entscheiden kann.
Werden Sie die überzogenen Gesundheitsanforderungen wieder auf ein praxisgerechtes Maß zurücknehmen?
Ich danke Ihnen im voraus für Ihre Antwort.
Mit freundlichen Grüßen
Stephan Hestermann
Sehr geehrter Herr Hestermann,
vielen Dank für Ihre Fragen zum Luftsicherheitsgesetz (LuSiG). Sie haben gleichlautende Anfragen ebenfalls an zahlreiche meiner Kolleginnen und Kollegen in der Unionsfraktion gestellt. Ich werde mich gern bemühen, Ihnen aus meiner Sicht die Situation nochmals klarzustellen.
Meine Fraktion hat schon während der parlamentarischen Beratungen auf die verfassungsrechtlichen Probleme des Luftsicherheitsgesetzes hingewiesen. Unser Ziel war es, mit einem LuSiG Rechtssicherheit für die politischen Entscheidungsträger und die betroffenen Piloten zu schaffen. Hierzu ist eine Klarstellung im Grundgesetz unabdingbar. Diese notwendige Klarstellung hat die CDU/CSU-Bundestagsfraktion in ihrem Gesetzentwurf zur Änderung des Grundgesetzes auf Drucksache 15/2649 vorgelegt. Leider hat die rot-grüne Koalition sich einer Klärung wider besseres Wissen verweigert, da ihr der Koalitionsfrieden wichtiger war. Deshalb hat die Union das Luftsicherheitsgesetz als Ganzes abgelehnt.
Da sich abzeichnete, dass die rot-grüne Koalition trotz der verfassungsrechtlichen Bedenken das Vorhaben durchsetzen wollte, hat die Union in den Beratungen im Bundesrat mehrere Änderungsvorschläge zu einzelnen Regelungen des LuSiG gemacht, um zumindest hier Einsicht bei Rot-Grün zu erreichen. Das betraf auch den Bereich der Zuverlässigkeitsüberprüfungen. Rot-Grün hat allerdings die von uns geäußerten berechtigten Bedenken ignoriert.
Nach dem Inkrafttreten des Luftsicherheitsgesetzes häuften sich die Beschwerden seitens der Luftsportverbände und Privatpiloten. Insbesondere haben sich, wie Sie auch schreiben, seit der Verabschiedung des LuSiG durch den Deutschen Bundestag einige Probleme bei der Umsetzung der Zuverlässigkeitsüberprüfung ergeben. In erster Linie betrifft das die auch von Ihnen bemängelten Kosten der Überprüfung, das jährliche Intervall und schließlich die Tatsache, dass Sportpiloten mit ausländischen Lizenzen nicht unter den § 7 (1) LuSiG fallen und insofern von einer Überprüfung ausgenommen sind. Die von Ihnen in diesem Zusammenhang angesprochene noch fehlende Durchführungsverordnung wird derzeit im Bundesinnenministerium gemeinsam mit den anderen beteiligten Ressorts erarbeitet. Sobald sie vorliegt, wird sie mit den Ländern ebenso wie mit den Verbänden abgestimmt, so dass diesbezüglich ein Konsens hergestellt werden dürfte.
Im Hinblick auf die periodisch zu wiederholende Zuverlässigkeitsüberprüfung wird sich die Unionsfraktion für eine objektive Evaluierung der Regelungen des Luftsicherheitsgesetzes einsetzen, damit geprüft wird, inwieweit der Deutsche Bundestag Verbesserungen bezüglich einer uneingeschränkt sicherheitsorientierten, aber dennoch im Sinne der Privatpiloten praktikablen Zuverlässigkeitsüberprüfung erreichen kann. Dies gilt umso mehr, nachdem der Bundespräsident verfassungsrechtliche Bedenken gegenüber dem Luftsicherheitsgesetz geäußert hat.
Was die von Ihnen ebenfalls angesprochene JAR-FCL 3 anbetrifft, so zeigt sich bei diesem Thema einmal mehr die Neigung von Rot-Grün, in vielen Fällen bei der Umsetzung von EU-Recht in nationale Regelungen über die EU-Vorgaben hinauszugehen und kräftig draufzusatteln - zum Nachteil der Betroffenen. Die JAR-FCL ist kein Einzelfall, wenn es um Regelungen geht, bei denen die Bundesregierung unsachgemäße Verschärfungen zu den internationalen Vorgaben hinzugefügt hat. Deshalb gilt es auch bei der Umsetzung der JAR-FCL 3 genau zu überprüfen, was sachlich gerechtfertigt und geboten ist. Hier muss die Sicherheit im Luftverkehr unbedingte Priorität haben. Unter dieser Maxime ist jedoch auch der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren. Wir werden uns auch hier einer objektiven Überprüfung der Regelungen nicht verschließen. Überflüssige, nicht zielgerichtete und überbürokratische Regelungen wird es mit uns nicht geben.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen Ihre Fragen damit beantworten.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Andreas Schockenhoff, MdB