Portrait von Andreas Dressel
Andreas Dressel
SPD
Zum Profil
Frage stellen
Die Frage-Funktion ist deaktiviert, weil Andreas Dressel zur Zeit keine aktive Kandidatur hat.
Frage von Holger M. •

Frage an Andreas Dressel von Holger M. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Dr. Dressel,

in den Feuer – und Rettungswachen der Stadt brennt die Luft!

Seit geraumer Zeit versuchen Senat und Amtsleitung uns, den Kollegen der Berufsfeuerwehr, weiß zu machen, dass zur vollständigen Umsetzung der EU-Richtlinie 88/2003 auch eine Dienstplanänderung (Wegfall von 24 und 16 Std. Diensten) notwendig ist. Der Bericht einer vom OBD Farrenkopf eingesetzten Arbeitsgruppe kommt wieder einmal zu diesem Schluss. Mit Blick auf die juristische Durchsetzung der 48 Std. Woche heißt das Motto: „Wenn ihr die EU-Richtlinie wollt, dann bitte ganz“.

Dabei liest sich diese Richtlinie so klar wie kaum ein anderer Gesetzestext: hier ist in Artikel 3 die tägliche Ruhezeit von elf Stunden pro 24-Stunden-Zeitraum und in Artikel 6 die durchschnittliche Arbeitszeit von 48 Stunden im Siebentageszeitraum vorgeschrieben.

In Artikel 17 (Abweichungen) Abs. 2.1 iii) heißt es jedoch: .... kann von den Artikeln 3(tägliche Ruhezeit),4,5,8 und 16 im Feuerwehr- oder Katastrophenschutzdienst abgewichen werden. Der Artikel 6 (wöchentliche Höchstarbeitszeit) ist hier nicht erwähnt, dieser ist somit bindend.

Berufsfeuerwehren wie Frankfurt, Düsseldorf oder Köln halten an ihren 24 Stundendiensten nach Artikel 17 der Richtlinie fest, die Kollegen dort sind durchweg zufrieden. Hier stellt sich die Frage, ob in anderen Städten der Republik etwa andere europäische Vorschriften greifen?

Wir haben den Eindruck, dass hier auf Kosten der Mitarbeiter mit einer Dienstplanänderung die Weichen für weitere Sparmaßnahmen bei der Feuerwehr gestellt werden. Ein weiterer Bericht einer zweiten Arbeitsgruppe bestätigt diesen Eindruck. Auch die Geschwindigkeit mit der das Vorhaben vorangetrieben wird, geplant ist die Einführung bereits nach der Fußball WM, macht vielen Kollegen Angst.

Herr Dr. Dressel, Sie als innenpolitischer Sprecher ihrer Fraktion und zudem Jurist, sollten diesen Sachverhalt beurteilen können.
In Erwartung Ihrer Einschätzung verbleibe ich

mit freundlichem Gruß
Holger Mardt

Portrait von Andreas Dressel
Antwort von
SPD

Sehr geehrter Herr Mardt,

auch mich hat aus mehreren Ecken die besorgniserregende Stimmungslage in den Feuer- und Rettungswachsen erreicht. Es drängt sich das Gefühl auf, dass die Innenbehörde ihre Niederlage vor Gericht jetzt an anderer Stelle, nämlich bei der Dienstplanänderung, wett machen will.

Wir werden die von Ihnen genannten, auch rechtlichen Gesichtspunkte intensiv prüfen. Auf Antrag der SPD-Fraktion beschäftigt sich der Innenausschuss der Bürgerschaft regelmäßig mit den Folgen des EuGH-Urteils - das nächste Mal voraussichtlich am 16. Februar. Da kommen Ihre Fragen auf den Tisch!

Wir werden auch genau hinschauen, ob mit den Dienstplanänderungen und den damit verbundenen Implikationen auch weitere Sparmaßnahmen eingeläutet werden. Der Innensenator hat versprochen, am Sicherheitsauftrag der BF wird ungeschmälert festgehalten - mal sehen, ob Anspruch und Wirklichkeit zusammenpassen.

Was mich außerdem richtig ärgert, und ich nehme an, Sie auch, ist, dass der Innensenator, parallel zu den Umsetzungsbemühungen in Hamburg auf Bundeseben wieder alles dafür tut, die Arbeitszeitrichtlinie so zu modifizieren, dass man das Urteil aushebeln und wieder zur 50-Stunden-Woche zurückkehren kann. Das ist ein Hammer. Den entsprechenden Welt-Artikel habe ich angefügt.

Sie sehen, wir bleiben dran - und wir machen Druck. Bitte halten Sie uns auf dem Laufenden!

Vielen Dank und viele Grüße
Ihr
Dr. Andreas Dressel, MdHB (SPD
www.andreas-dressel.de

Auszug aus der WELT Hamburg vom 03.01.06

Arbeitet Feuerwehr bald wieder 50 Stunden?

EU-Vorschrift begrenzt Arbeitszeit - Innenminister wollen diese mit Hilfe des Bundes aber komplett kippen

von Florian Hanauer

Hamburg könnte um die Auswirkungen der EU-Arbeitszeitrichtlinie herumkommen, die beispielsweise bei der Feuerwehr für erheblichen Personalbedarf sorgt. Denn die Innenminister der Länder, auch Innensenator Udo Nagel, haben auf ihrer jüngsten Konferenz im Dezember einen brisanten Beschluß gefaßt - weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit. Darin fordert die IMK (Innenministerkonferenz) den Bund auf, sich bei der EU-Kommission für die Abschaffung der Arbeitszeitrichtlinie einzusetzen, wie aus der erst jetzt veröffentlichten Beschlußniederschrift hervorgeht.

Die Arbeitszeit der etwa 2000 Hamburger Feuerwehrleute muß neu organisiert werden (DIE WELT berichtete), nachdem der Europäische Gerichtshof vergangenen Sommer entschied, daß die Arbeitszeitrichtlinie auch für Feuerwehrbeamte gilt. Danach sind Dienstzeiten von mehr als 48 Stunden nicht erlaubt, in Hamburg arbeiten die Feuerwehrleute aber 50 Stunden inklusive der Bereitschaftsdienste. Dies hatte noch Innensenator Hartmuth Wrocklage (SPD) 1999 eingeführt. Um die Verkürzung der Wochenarbeitszeit auszugleichen, müßten rund 100 neue Stellen geschaffen werden.

"Udo Nagel stützt natürlich das Ersuchen der IMK, daran ist allen gelegen", sagt Innenressort-Sprecher Marco Haase. Seine Behörde habe aber noch keine Rückmeldung vom Bund erhalten. Derzeit wird an einem Konzept gearbeitet, um die Auswirkungen der Richtlinie in den Griff zu bekommen.

"Betreibt die Innenbehörde im Konzert der 16 Länder nun wieder die Rückkehr zur 50-Stunden-Woche, nachdem sie beim EuGH eine Klatsche eingefangen hat und nun auf eine 48 Stunden Woche runtermuß", fragt SPD-Innenexperte Andreas Dressel. Er ist überzeugt, daß die Innenminister und -senatoren alle Möglichkeiten ausschöpfen wollen, um die Feuerwehren aus dem Anwendungsbereich der "ungeliebten Arbeitszeitrichtlinie" herauszubekommen; dann wären die Innenminister wieder frei in ihrer Arbeitszeitgestaltung und keinen europarechtlichen Regelungen unterworfen.

"Das ist schon merkwürdig. Offiziell will Hamburg das EuGH-Urteil umsetzen, plant und prüft in diese Richtung, inoffiziell strebt man aber offenbar ein Lex Feuerwehr in der Arbeitszeitrichtlinie an, was das EuGH-Urteil aushebeln würde", streicht Dressel heraus. "Heißt das dann Rückkehr zur 50-Stunden-Woche? Hier wären gerade auch im Interesse der Hamburger Feuerwehrbeamten klare Ansagen mit offenem Visier das deutlich redlichere Vorgehen."

Allerdings: Es bleiben Zweifel, ob das Vorhaben überhaupt gelingen kann. Das Berliner Bundesarbeitsministerium weist darauf hin, daß man im Rahmen der Verhandlungen auf EU-Ebene am Thema Arbeitszeitrichtlinie arbeite. "Diese Problematik ist Gegenstand der Gepräche, aber eine Einigung der Mitgliedsstaaten ist nicht erkennbar", so ein Sprecher.