Frage an Andreas Dressel von Klaus-Peter S. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrter Herr Dressel!
Das Taschengeld, im Sozialhilfegesetz, beträgt für Hilfesuchende die in einer stationären Einrichtung (Altenheim, Pflegeheim, Behinderteneinrichtung) untergebracht sind für Erwachsene 107,73 Euro im Monat ! Ein alleinstehender Flüchtling erhält ein monatliches Taschengeld von 143,00 Euro. Das ist eine soziale Ungerechtigkeit! Ganz besonders auch wegen der erst kürzlich gemachten Versprechen aus allen politischen Lagern. Führende Politiker der Bundesregierungsparteien haben zugesagt, dass die einheimische Bevölkerung gegenüber den Flüchtlingen nicht schlechter gestellt oder benachteiligt werden dürfen. Ich nenne hier ausdrücklich auch die Aussage von Ihrem SPD-Bundespartei-Vorsitzenden und Vize-Kanzler Sigmar Gabriel . Nun ist die Politik gefordert ihren Worten auch Taten folgen zu lassen. Damit aus Worten nicht nur Worthülsen werden. Die Zusagen müssen dort wo es Benachteiligungen gibt umgesetzt werden. Kritik ist ja heute nicht gerne gewünscht und zu einem heiklen Thema geworden. Damit also hier erst gar keine unsäglichen Missverständnisse auftreten sei folgendes gesagt: Es geht also n i c h t darum ,den Flüchtlingen das Taschengeld streitig zu machen! Es ist aber nun eine Gleichbehandlung bei der Höhe der Taschengeldzahlung an Hilfesuchende in stationären Einrichtungen einzufordern ! Meine Frage an Sie als SPD-Fraktionsvorsitzenden: Ist der SPD-geführte Senat bereit und willens, mittels einer Bundesratsinitiative in der obigen genannten Angelegenheit für die Umsetzung der Zusage aus der Politik zu sorgen? Also Konkret: Wäre der Senat bereit einen entsprechenden Antrag zu stellen, damit die genannten Hilfesuchenden zukünftig ein Taschengeld in der selben Höhe erhalten wie die Flüchtlinge ? Ohne eine entsprechende Initiative wird sich in dieser Sache vermutlich erst einmal nichts tun.
Mit freundlichem Gruß
K. S.
Sehr geehrter Herr Steinberg,
vielen Dank für Ihre Frage.
Zunächst möchte ich auf die Seite www.hamburg.de/fluechtlinge hinweisen. Dort finden sich viele wichtige Informationen.
Das „Taschengeld“ nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) lässt sich aus den folgenden Gründen nur schwer mit dem „Taschengeld“ für Bewohner in stationären Einrichtungen vergleichen.
Das beginnt schon mit dem Standard in Wohneinrichtungen für ältere Menschen oder Behinderteneinrichtungen im Vergleich zu einer Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge oder mancher öffentlich-rechtlicher Folgeunterbringung. Um ein Missverständnis gleich auszuräumen: Jemand der Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz erhält und in einer stationären Einrichtung (in einem Altenheim, Pflegeheim, Behinderteneinrichtung) wohnt, erhält den gleichen Satz, wie alle anderen auch. Also nicht mehr, aber auch nicht weniger. In der Regel sind Flüchtlinge aber in Erstaufnahmeeinrichtungen (zur Zeit leider auch umgerüstete Baumärkte) oder in öffentlich-rechtlicher Folgeunterbringung (vom Wohncontainer bis zum Pavillon-Dorf) untergebracht.
Der Standard in Wohneinrichtungen für ältere Menschen richtet sich nach dem Hamburgischen Wohn- und Betreuungsqualitätsgesetz (HmbWBG). Informationen zum HmbWBG finden Sie unter: http://www.hamburg.de/pflege/veroeffentlichungen/2130542/wohn-und-betreuungsqualitaetsgesetz-hamburg/
Davon abgesehen gibt es aber weitere Unterschiede:
- Wer in einer stationären Einrichtung lebt, erhält in der Regel nicht nur den Barbetrag (das sogenannte Taschengeld), sondern darüber hinaus weitere Leistungen, wie Fachleistungen (Betreuung, Pflege, Eingliederungshilfe), aber auch Leistungen für den Lebensunterhalt, wie insbesondere Kosten für Unterkunft und Verpflegung. Für die Leistungen zum Lebensunterhalt werden zurzeit 320,- Euro (Regelbedarfsstufe 3 = Erwachsener ohne eigenen Haushalt) und für die Kosten der Unterkunft 430,- Euro gezahlt. Insgesamt also 750,- Euro monatlich. Rechtsgrundlage ist § 27 b Abs. 1 SGB XII. Der Betrag in Höhe von insgesamt 750,- Euro wird direkt bei den Zahlungen an die stationäre Einrichtung berücksichtigt. Es handelt sich aber um Leistungen für den Leistungsberechtigten. Der Barbetrag, das sogenannte „Taschengeld“ nach § 27 b Abs. 2 in Höhe von zurzeit 107,73 wird zusätzlich gezahlt. Darüber hinaus sind auch weitere notwendige Leistungen für den Lebensunterhalt, das betrifft insbesondere Kleidung, möglich. Diese richten sich nach dem Bedarf im Einzelfall.
- Leistungsberechtigte nach dem AsylbLG in öffentlicher Unterbringung erhalten in der Regelbedarfsstufe 3 (Erwachsener ohne eigenen Haushalt) 287,- Euro monatlich. Im Vergleich ist damit der Regelbedarf nach § 3 AsylbLG in der einschlägigen Regelbedarfsstufe 3 niedriger als der Regelbedarf nach dem SGB XII. Dieser Betrag wird teilweise in den ersten Monaten des Aufenthalts des Betroffenen in Deutschland als Sachleistung gewährt. Der restliche Barbetrag, das sogenannte „Taschengeld“, beträgt nach dem AsylbLG in der in Regelbedarfsstufe 3 113,- Euro. 143 Euro gibt es nur in der Regelbedarfsstufe 1 (alleinlebend mit eigenem Haushalt).
Die Leistungen sind deshalb nicht miteinander vergleichbar. Informationen zur Anwendung des Asylbewerberleistungsgesetzes in Hamburg sind unter http://www.hamburg.de/basfi/ah-asylblg/3733118/ah-asylblg-bverfg2012/ veröffentlicht. Die Regelungen gehen übrigens auf ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2012 zurück. Vor diesem Hintergrund halte ich eine Bundesratsinitiative nicht für erforderlich.
Beste Grüße
Andreas Dressel