Frage an Andreas Dressel von Klaus-Peter S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dressel,
warum sind Sie in der heutigen TV-Sendung Schalthof live nicht darauf eingegangen, bei der Änderung des SOG ausdrücklich die Beschlagnahme von privaten Wohnraum gesetzlich auszuschließen ? Das angesprochene Wort des Bürgermeisters in Ehren, aber warum wollen Sie diese genannte Beschlagnahmemöglichkeit nicht konkret im Vertragswerk ausschließen ? Ganz offensichtlich will man sich im Senat diese Hintertür noch offen lassen ! Das schafft in der aufgeheizten Situation kein Vertrauen, sondern fördert Unsicherheit und gibt Raum für Spekulationen! Es ist bereits schon durch manche politische Entscheidung und mangelhafte Kommunikation sehr viel Porzellan in der Stadt zerschlagen worden! Schaffen Sie bitte in dieser Sache endlich völlige Klarheit! Der Senat darf bei dem Flüchtlingschaos die Bevölkerung nicht noch verprellen! Seien Sie sicher, die Stimmung ist bereits deutlich angespannter als immer über die Medien vermittelt wird. Deshalb ist Ehrlichkeit und Klartext unabdingbar! Auch im Vertragswerk! Warum ist diese schriftliche Festlegung im SOG eigentlich so schwer?
Mit freundlichem Gruß
K. S.
Sehr geehrter Herr Steinberg,
vielen Dank für Ihre Frage.
Der vorgesehene Anwendungsbereich bei der gesetzlichen Möglichkeit der Sicherstellung von Gebäuden und Grundstücken zum Zwecke der Unterbringung von Flüchtlingen zur Abwehr von Bevorstehenden Gefahren für Leib und Leben ist in der Begründung des Gesetzes eindeutig auf den Bereich von gewerblichen Objekten ausgerichtet, da die Inanspruchnahme solcher Objekte der Gefahr der Obdachlosigkeit einer Vielzahl von Menschen zeitnah und effektiv begegnen kann. Dort heißt es weiter: „Es ist das Ziel, insbesondere gewerbliche Hallen und ähnliche Gebäude, die in sehr kurzer Zeit für eine Unterbringung von einer großen Zahl von Menschen geeignet sind oder dafür hergerichtet werden können, in Anspruch nehmen zu können. Zur effektiven Gefahrenabwehr ist es zweckmäßig und erforderlich, vorrangig große Immobilien für die schnelle Unterbringung einer Vielzahl von Menschen sicher zu stellen. Eine Unterbringung einer großen Zahl von Flüchtlingen in Klein- oder Kleinstunterkünften ist nicht möglich. Eine solche kleinteilige Unterbringung ist nicht geeignet, die große Zahl zusätzlich nach Hamburg kommender Menschen innerhalb der kurzen zur Verfügung stehenden Zeit vor Obdachlosigkeit zu bewahren.“
Die Begründung eines Gesetzes ist in der Praxis wesentlich für seine Anwendung. Der ausformulierte Wille des Gesetzgebers verdeutlicht, was die Norm besagen soll. Die Kenntnis seiner Intention kann die Norm gegen den Versuch schützen, sie einschränkend oder ausweitend auszulegen oder auch dazu dienen, einen weit gefassten Normbereich einzuschränken. (siehe Kischel: „Die Begründung“, 2003, Tübingen, S. 274 f)
Dieser kleine Ausflug ins Juristische soll deutlich machen, dass das jetzt beschlossene Gesetz die von Ihnen befürchteten Maßnahmen nicht erlaubt. Die Nutzung einzelner privater Wohnungen würde das Ziel des Gesetzes nicht erreichen, da es ja gerade gemäß der Begründung darum geht, eine große Zahl an Menschen zu versorgen. Dazu ist schnelles und effektives Handeln erforderlich, damit wir kurzfristig genügend Unterbringungsmöglichkeiten schaffen können, und zwar gerade in Anbetracht der immer kälter werdenden Nächte und des kommenden Winters.
Beste Grüße
Ihr
Andreas Dressel