Frage an Andreas Dressel von Martin H. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Moin Herr Dressel!
Mit Erschrecken beobachte ich seit längerem die Einsätze der Hamburger Polizei im Zusammenhang mit den Studentenprotesten gegen die Einführung von Studiengebühren. In anderen Ländern (z.B. Mexico) sind Polizei-Einsätze auf dem Universitäts-Campus gesetzlich untersagt, in Deutschland war es wenigstens bislang unüblich, daß der Universitäts-Präsident, der das Hausrecht ausübt, die Polizei auf den Campus ruft, gerade bei einfachen Demonstrationen und Protest-Aktionen.
Daß dei Polizei bei ihren Einsätzen gegen die Studierenden mit körperlicher Gewalt und sogar Pfefferspray vorgeht, übertrifft alle bisher ergriffenen Maßnahmen zur Durchsetzung von Studiengebühren und zur Mundtotmachung aller kritischen Studierenden.
Etwas besorgt um den unabhängigen Wissenschaftsstandort Deutschland wende ich mich daher an Sie als MItglied des Innenausschusses, der sie wahrscheinlich genau so gut wie ich über die Wichtigkeit einer kritischen Wissenschaft, frei von industriellen und wirtschaftlichen Einflüssen, bescheid wissen: Was will man (der Innenausschuß, der Innensenator oder wer auch immer die Polizei derart in Handlungsdruck setzt) mit den derzeitigen Polizei-Einsätzen erreichen? Handelt es sich dabei schon um die bedingungslose Einführung des bedarfsorientierten Studiums, wie es im neuen Hochschulmodernisierungsgesetz durch die Einführung eines Hochschulrates, der sich fast gänzlich aus Wirtschaftsgrößen zusammensetzt, angedacht ist? Wie steht die SPD, vertreten durch den Innenausschuß, zu den derzetigen Einsätzen der Polizei?
Zu guter letzt: Bitte nehmen Sie kraft Ihres Amtes Einfluß auf den Innensenator, damit sich dieser auch einmal mit dieser Fragestellung auseinander setzt.
Mit den besten Wünschen,
Martin Hensch
Hallo Herr Hensch!
Vielen Dank für Ihre Anfrage. Ich kann gut verstehen, dass Sie das aufrüttelt, was dort auch an unschönen Szenen im Zusammenhang mit manchem Demonstrationsgeschehen zu sehen war.
Allerdings muss man differenzieren: Auch ich bin für einen Widerstand gegen die Einführung von Studiengebühren. Die SPD tritt ein für ein gebührenfreies Erst-Studium. Wir wollen nicht, dass der Bildungsweg von Papas Geldbeutel abhängt. Gerade heute morgen habe ich in der Zeitung gelesen, dass sich zwar Banken um Finanzierungssysteme für das Studiengebühren-Zeitalter bemühen, bei diesen Systemen aber leer ausgeht, wer als Student "ein zu hohes Ausfallrisiko darstellt" (siehe heute in der WELT am Sonntag, http://www.wams.de/data/2005/05/15/718794.html . Das sind schlimme Trends, die mich darin bestärken, in der Bürgerschaft gegen solche Modelle einzutreten.
Aber: Der Widerstand muss in rechtmäßigen Bahnen verlaufen. Dazu können Demonstrationen gehören, die sich an die Regeln unseres Versammlungsgesetzes halten, das direkt Ausfluss unserer Versammlungsfreiheit ist. Verstoßen einzelne oder alle Versammlungsteilnehmer gegen diese Spielregeln, so hat unsere Polizei auch die Kompetenz - immer unter Wahrung der Verhältnismäßigkeit - dagegen vorzugehen. Ob es hier im Einzelfall Überschreitungen seitens der Einsatzkräfte gegeben hat, kann ich nicht beurteilen. Hierzu läuft gerade eine parlamentarische Anfrage meiner GAL-Kollegin Opitz an den Senat. Wenn wir da eine Antwort haben, wissen wir mehr und können das Demonstrationsgeschehen weiter einschätzen. Mit dieser Anfrage muss dann auch der Innensenator Stellung beziehen!
Eines kann ich Ihnen jedoch versichern: Die Polizei handelt bei diesen Einsätzen nicht als verlängerter Arm der Hochschulmodernisierer, um evtl. Widerstand zu brechen. Das wäre ja schlimm! Die Demonstrationen dürfen alle rechtmäßigen Meinungen kundtun, die sie wollen; sie bewegen sich um Schutz unserer Grundrechte! Der Polizei geht es einzig darum, für eine rechtmäßige Versammlungsdurchführung und den Schutz der Rechte Dritter zu sorgen. So sehr ich Ihren Ärger verstehen kann, sie sollten nicht so sehr in der Polizei ihren Gegner suchen, sondern eher in diesem Senat!
Bis dahin wünsche ich Ihnen noch schöne Pfingsten,
Ihr
Dr. Andreas Dressel