Finden Sie es nicht besorgniserregend, dass viele qualifizierte ausländische Fachkräfte Deutschland verlassen und ins Ausland gehen?
Sehr geehrte Frau Lindholz,
sind Sie nicht der Meinung, dass man zwei Themen: illegale Migration und Einwanderung der qualifizierteren Fachkräften separat betrachten sollte? Wissen Sie es, dass viele Fachkräfte Deutschland verlassen und ins Ausland ziehen?Ein wichtiger Grund ist das fehlende Gesetzt der doppelten Staatsangehörigkeit.
Ich habe viele Freunde und Bekannte, die planen, Deutschland zu verlassen, falls das Gesetz nicht in Kraft tritt. Dabei sind sehr viele Ärzte, Ingenieure, Architekten, Pflegekräfte... :(
Ich persönlich lebe seit über 12 Jahren in Deutschland, bin gut integriert, arbeite 8-10 Stunden täglich und bin dem Deutschland, meiner zweiten Heimat sehr treu.
Viele von uns haben ältere Eltern und Verwandtschaft im Ausland, die wir auch sehen wollen.
Welche konkrete Schritte können Sie und die Bundesregierung machen, um die Problematik zu lösen und Deutschland für die Fachkräfte attraktiv zu machen, bevor es zu spät wird?
Mit freundlichen Grüßen
Frau L.
Sehr geehrte Frau L.,
Vielen Dank für Ihre E-Mail. Die Union und ich persönlich sind ebenfalls der Auffassung, dass die Themen irreguläre Migration und die Einwanderung von Fachkräften klar voneinander getrennt werden müssen.
Deutschland steht bei der qualifizierten Zuwanderung laut der aktuellen OECD-Studie auf Platz 19. Das zeigt: die Attraktivität hat für hochqualifizierte Fachkräfte in den vergangenen Jahren nochmals nachgelassen. Um unseren Wohlstand zu sichern brauchen wir aber mehr gut ausgebildete Zuwanderer. Dabei stehen wir auch im Wettbewerb mit anderen OECD-Ländern.
Deutschlands Fachkräftegewinnung krankt an zu langen und schwerfälligen Verfahren. Die Ampel tut nichts, um etwas daran zu ändern. Angefangen bei der Terminvergabe für die Visa-Beantragung bis hin zur zügigen Prüfung und Anerkennung von ausländischen Berufsqualifikationen. Diese Bürokratie bremst uns aus. Deshalb fordern wir als Unionsfraktion die Schaffung einer vollständig digital arbeitenden Bundesagentur für Einwanderung („work-and-stay“). Sie soll den Fachkräften unbürokratisch alle Services aus einer Hand bieten und so Verfahren beschleunigen. Darüber hinaus müssen wir die Arbeitsbedingungen in Deutschland so attraktiv machen, dass Fachkräfte sich für Deutschland und nicht ein anderes Land entscheiden
Unabhängig davon gilt es, Fachkräfte in Deutschland zu halten sowie das Fachkräftepotenzial in Deutschland und in der EU voll auszuschöpfen. Ich schlage z.B. vor, die Einbürgerungsfrist für Blue Card-Inhaber künftig auf sechs Jahre zu reduzieren, um Deutschland für dringend benötigte hochqualifizierte Fachkräfte, deren Integration sich in der Regel schneller gestaltet, attraktiver zu machen.
Für mich ist klar: Integration und die Einbürgerung stehen am Ende eines Prozesses und nicht am Anfang. Ich bin deshalb der Meinung, dass die von der Ampel geplante Halbierung der Fristen, nach denen eine Einbürgerung frühestens möglich nicht zielführend ist.
Das bisherige Staatsangehörigkeitsrecht ist viel besser, als es die Ampel macht: Die Dauer der Einbürgerungsfristen liegt im europäischen Mittelfeld. Schon heute ist der Doppelpass möglich: Erstens bei Europäern, weil sie unsere Werte teilen, zweitens bei Flüchtlingen, weil ihnen der Kontakt zum Verfolgerstaat nicht zumutbar ist und drittens bei Menschen, deren Herkunftsland sie nicht aus ihrer Staatsangehörigkeit entlässt.
Aus vielen Gesprächen mit Betroffenen weiß ich, dass für hochqualifizierte Fachkräfte v.a. gute Rahmenbedingungen wichtiger sind als die doppelte Staatsbürgerschaft. Wegen zu viel Bürokratie, zu lan-gen Wartezeiten, einer im internationalen Vergleich hohen Steuer- und Abgabenlast und einem überlasteten Wohnungsmarkt schrecken viele Akademiker und Fachkräfte davor zurück, nach Deutschland zu kommen. Das bedeutet: Hier müssen wir anfangen unser Land attraktiver zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Andrea Lindholz MdB