Frage an Andrea Kühnemann von Katja K. bezüglich Wissenschaft, Forschung und Technologie
Sehr geehrte Frau Kühnemann,
die letzte Grundschulreform hat zu einer verpflichtenden Einführung von JÜL bzw. Saph-Klassen (für erste und zweite Klasse) geführt, obwohl die Schulen hierfür nicht ausreichend vorbereitet waren und ein solches System, wenn überhaupt, nur in sehr kleinen Gruppen funktionieren soll. Für meinen jetzt 8-jährigen Sohn ergab sich hieraus in der Praxis, dass er im ersten, zweiten und dritten Schuljahr jeweils eine andere Klassenlehrerin hatte und auch jedes Jahr eine andere Zsammensetzung der Kinder in der Klasse verkraften musste. Er wird im Dezember 9 Jahre alt und geht jetzt in die 4.Klasse. Seit Beginn findet er die Schule doof und ist nicht motiviert, obwohl er sicher ein normal entwickeltes und intelligentes Kind ist. Das selbstständige Schreiben von längeren Texten und das eigenständige Lesen fand nur unter großem Protest als Hausaufgabe statt. Seine beiden älteren Geschwister (heute 24 und 27 Jahre alt) besuchten zu ihrer Zeit die gleiche Grundschule mit noch fast den gleichen Lehrern. Sie sind über diese neue Entwicklung entsetzt und total verunsichert, wenn sie an die Einschulung der eigenen Kinder (heute 2 1/2 und 6 Mon. alt) denken.
Werde ich mit einer Wahlentscheidung für die SPD auch erreichen können, dass die Schulen, wie in anderen Bezirken bereits möglich, Jül oder Saph auf freiwilliger Basis anbieten können und sich Eltern dann für die Grundschule entscheiden können, die ihrer Meinung nach für ihr Kind das "bessere" System anbieten?
Mit freundlichen Grüßen
Katja Kleinfeld
Sehr geehrte Frau Kleinfeld,
hre Frage gibt mir Gelegenheit, etwas richtig zu stellen, was offensichtlich leider immer noch nicht ausreichend an den Schulen kommuniziert wurde.
Das Schulgesetz und damit auch die Regelung zur Gestaltung des Unterrichts an den Grundschulen ist Landesrecht und gilt somit selbstverständlich nicht nur in einzelnen Bezirken, sondern in allen Bezirken Berlins. Tatsächlich ist es so, das deuteten Sie ja in Ihrer Frage an, dass Ende letzten Jahres die Verpflichtung zum jahrgangsübergreifenen Lernen (kurz JÜL) in der 1. bis 2. oder sogar 1. bis 3. Grundschulklasse durch die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung zurückgenommen wurde. Bis dahin galt, dass JÜL mindestens für die 1. bis 2. Klasse einzurichten sei, Ausnahmen für einzelne Schulen wurden nur gewährt, wenn diese aufgrund ihrer räumlichen oder anderen Situation hierzu nicht in der Lage gewesen wären, dies musste dann gegenüber der bezirklichen Schulaufsicht nach gewiesen und mittels einer Zielplanung kurz- bis mittelfristig behoben werden.
Allgemein kann nach aktueller Rechtslage mit dem Schuljahr 2012/13 mittels eines 2/3-Mehrheitsbeschlusses der Schulkonferenz jede Grundschule in eigener Zuständigkeit entscheiden, ob sie weiter an JÜL festhalten möchte oder nicht. Aufgrund der mehrheitlichen Kritik, die selbstverständlich auch mir über die Bildungspolitiker meiner Partei zu Ohren gekommen ist, kann davon ausgegangen werden, dass ein erheblicher Anteil der Grundschulen hiervon Gebrauch machen wird. Einzige Voraussetzung neben dem Beschluss der Schulkonferenz ist der Nachweis der Schule, mit welchem Konzept sie leistungsheterogene Gruppen fördern wird.
Liebe Frau Kleinfeld, wie Sie sehen obliegt es nun weniger der Politik, als vielmehr den Schulen selbst, über den Fortbestand von JÜL zu entscheiden. Ich ganz persönlich bedaure, dass es uns nicht gelungen ist dieses Konzept, welches an einigen Schulen schon lange vor der landesweiten Einführung erfolgreich funktionierte, überzeugend umzusetzen. Ein erheblicher Grund lag hierbei ganz klar in der finanziell bedingten knappen Personalzumessung. Ich bedaure es sehr, dass diese schlechte Erfahrung mit JÜL nun scheinbar zu Lasten Ihres Kindes geht, kann aber aus eigener Erfahrung berichten, dass diese Erfahrung für Ihren Sohn noch nicht letztgültig richtungsweisend sein muss.
Ich möchte Ihnen gerne anbieten, dass die Bildungspolitiker der SPD- Fraktion des Bezirks Tempelhof-Schöneberg sich gezielt Ihres Anliegens annehmen. Diese würden sich sehr freuen, wenn Sie Ihnen unter spd@behrendt-familie.de Ihre Ereichbarkeit zukommen lassen könnten.
Mit freundlichen Grüßen,
Ihre Andrea Kühnemann