Frage an Andrea Bogner-Unden von Ursula E. bezüglich Außenpolitik und internationale Beziehungen
Es ist unerträglich wie Ihre Partei immer mehr an Kriegsführungen und im Hinbuckeln gegenüber Amerika die Ziele von Grün - eigentlich sollten sie lebensfreundlich sein teilnimmt und im Schmusekurs nächstes Jahr zur Regierung strebt. Alle Grundsätze der Grünen, wie sie vor 50 Jahren als Parteienziele postuliert wurden kann man nicht einmal mit 100fachen Vergrößerung noch finden.
Frage: Was wird von ihrer Partei unternommen, dass in Deutschland, in Ramstein Nuklearraketen eingelagert und in Bereitschaft gehalten werden?
Warum sehen sieht die Partei Rußland als Gefahr, obwohl von Amerika seit Jahrzehnten Kriege herbeigeführt werden und die großen Flüchtlingsströme verursachen?
Wo sind die Ziele in der Umweltpolitik für eine Zukunft die Leben und Gesundheit schützt, inclusive der Installation von G5 die zerstörerisch wirkt?
Wie sollen wir noch Vertrauen finden können?
U. E.
Sehr geehrte Frau E.,
wenn meine Partei so unerträglich für Sie ist, weil sie angeblich – ich zitiere Sie – immer mehr an Kriegsführungen der USA teilnimmt, im Schmusekurs zur Regierungsbeteiligung in Berlin strebt und die grünen Gründungsmotive und Ziele – übrigens gibt es die GRÜNEN „erst“ seit 41 Jahren – für Sie nicht mehr sichtbar sind, ist man wenig motiviert zu antworten. Da das alles für Sie (letzte Frage: Wie sollen wir noch Vertrauen finden können?) mit Enttäuschung und einem Vertrauensverlust einhergeht, lassen sich ihre Fragen für mich aber auch so interpretieren, als erwarten Sie sich etwas von einer Antwort und sind für Fakten und Argumente nicht vollends verschlossen. Ich hoffe, ich kann mit meiner Antwort dazu beitragen, dass Sie die Werte und Politik meiner Partei mit etwas unvoreingenommeneren Augen sehen können.
Als Landtagsabgeordnete für Bündnis 90/Die Grünen habe ich, genauso wie die baden-württembergische Landesregierung zwar keinerlei Kompetenzen in den von Ihnen angesprochenen Themenbereichen. Außenpolitik ist Bundesangelegenheit. Dennoch habe ich eine Haltung dazu und die Grünen einen klaren Kompass.
Zu Frage 1: Im Falle der US-Air Base Ramstein geht es bereits seit 2005 nicht mehr um die Lagerung und Bereitstellung von Nuklearsprengköpfen, sondern um die Planung und Steuerung von Kampfdrohnen. Meine Partei tritt strikt gegen Tötungen durch Drohnen im sogenannten Krieg gegen den Terrorismus ein. Der Einsatz dieser Drohnen ist völkerrechtswidrig, da sie gegen das humanitäre Völkerrecht verstoßen. Die derzeitige Bundesregierung wird ihrer Verantwortung nicht gerecht, die Einhaltung des Völkerrechts auf deutschen Boden gerade auch gegenüber dem NATO-Partner USA durchzusetzen. Seit dem NSA-Untersuchungsausschuss, der Aktivitäten des amerikanischen Auslandsgeheimdienstes, der National Security Agency (NSA) in Deutschland untersuchen sollte, steht zweifelsfrei fest, dass die USA für die Einsätze von Kampfdrohnen in Afrika und im Mittleren Osten die Air Base Ramstein als Relaisstation nutzen. Die Zahl der Opfer kann nur geschätzt werden. Es wird von 769 bis 1.725 getöteten Zivilist*innen ausgegangen. Die Grüne Bundestagsfraktion hat die Bundesregierung in einem Antrag „Keine Nutzung der Ramstein Air Base für völkerrechtswidrige Tötungen“ aufgefordert, die Einhaltung des Völkerrechtes auf deutschem Boden durchzusetzen. Dieser Forderung schließe ich mich an.
Zu Frage 2: Der Giftanschlag auf den russischen Oppositionspolitiker Alexei Nawalny hat die Skrupellosigkeit des Putin-Systems erneut aufgedeckt. Der versuchte Mord an Alexei Nawalny macht klar, mit was für einem Regime wir es in Russland zu tun haben: Putin kennt bei der Unterdrückung von Demokratie und Rechtsstaatlichkeit keine Skrupel. Alle Versuche der letzten Jahre, partnerschaftlich mit der russischen Regierung Demokratie und Rechtsstaatlichkeit zu fördern, sind fehlgeschlagen. Putin hat im Gegenteil den russischen Staat immer mehr in ein autoritäres Herrschaftssystem umgebaut. Seit 2014 führt Russland zudem einen verdeckten Krieg gegen die Ukraine und hat die Halbinsel Krim völkerrechtswidrig annektiert. In Belarus unterstützt der Kreml den brutalen Diktator Lukaschenka dabei, die Massenproteste niederzuschlagen. Deshalb fordern wir Sanktionen Deutschlands und der EU gegen diese Regierung: die Bundesregierung muss ihre Unterstützung für die Pipeline Nord Stream 2 aufgeben und den Bau stoppen.
Unserer Kritik an der russischen Politik eine unterstellte unkritische Haltung der Grünen gegenüber den USA gegenüberzustellen, entbehrt jeglicher Substanz. Die Präsidentschaftswahl im November ist maßgeblich für die weitere Entwicklung der transatlantischen Beziehungen. Das global existenzielle Thema des Klimawandels und seiner Eindämmung ist seit der Regierungsübernahme von Donald Trump absolut unterrepräsentiert. Eine politische Mehrheitsverschiebung hin zu den US-Demokrat*innen könnte zu einer politischen Wende und progressiven Klimapolitik führen. Hinzu kommt das normative Bindeglied zwischen USA und Deutschland/Europa bei den Menschenrechten. Als demokratische Staaten bzw. Staatenverbund bieten die Menschenrechte eine wichtige gemeinsame Grundlage in der Außenpolitik, was gegenüber autoritären Staaten wie China und Russland, nicht unterschätzt werden darf. Die Zukunft der Weltgesellschaft und des Weltfriedens hängt auf unabsehbare Zeit ganz wesentlich von der politischen Entwicklung der US-Gesellschaft ab, auf die andere Demokratien durchaus Einfluss ausüben können.
Wir GRÜNE arbeiten hin auf eine Verbesserung der diplomatischen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Über 60 Millionen Menschen fliehen weltweit vor Krieg, Unterdrückung oder der Vernichtung ihrer Lebensgrundlagen aufgrund von Klimawandel und Umweltschäden. Unsere Politik zielt darauf ab, Konflikte gar nicht erst entstehen zu lassen. Krisen, Konflikte, Hungersnöte und der Klimawandel wirken über Grenzen hinweg. Sie müssen global und kooperativ bewältigt werden, nicht mit Nationalismus und Abschottung. Wir wollen globale Probleme gemeinschaftlich lösen – zivil, nachhaltig und gerecht. Deshalb stellen wir uns allen Abschottungstendenzen entschieden entgegen. Im Bundestag haben die GRÜNEN als derzeit kleinste Oppositionsfraktion mit zahlreichen parlamentarischen Initiativen eine restriktive Rüstungsexportpolitik, Stärkung der zivilen Krisenprävention, mehr Solidarität in der Flüchtlingspolitik sowie handlungsfähige multilaterale Organisationen wie die UNO und eine starke demokratische, klimaneutrale Europäische Union gefordert.
Frage 3: Ich werde oft mit den Einwänden und Ängsten vieler Menschen gegenüber den möglichen Auswirkungen hochfrequenter elektromagnetischer Strahlung auf die menschliche Gesundheit um Umwelt konfrontiert. Zu vielen postulierten Wirkmechanismen ist inzwischen eine umfangreiche Studienlage vorhanden. Mögliche Wirkungen wie DNA-Schäden, Beeinträchtigung der Fruchtbarkeit oder Störung des Immunsystems konnten in bisher durchgeführten Studien nicht nachgewiesen werden. Allerdings gibt es Bereiche, in denen die Studienlage lückenhaft ist und offene Fragen aufwirft. Dies betrifft etwa die Bereiche oxidativer Stress, Hirnströme oder Auswirkungen auf Insekten. Die Bundesregierung hat in vielen dieser Bereiche bereits Forschungsaufträge vergeben – das hat eine Anfrage der Grünen im Bundestag ergeben. Hier brauchen wir methodisch einwandfreie naturwissenschaftliche Wirkstudien. Bis zum Vorliegen von Ergebnissen zur Wirkung von EMF bei 26 GHz sollte die Verwendung dieser Technologie nur als Modellprojekt und unter strenger wissenschaftlicher Begleitung stattfinden. Deshalb fordern die GRÜNEN, dass laufende 5G-Modellvorhaben wissenschaftlich begleitet werden müssen und weitere Forschungsvorhaben in die Wege geleitet werden. Insgesamt muss der Ausbau des Mobilfunknetzes so gestaltet werden, dass Schäden an Umwelt und Gesundheit nach dem vorliegenden Wissensstand ausgeschlossen werden können. Alle wissenschaftlichen Quellen, die hohen wissenschaftlichen Standards entsprechen, sollen zur Grundlage weiterer Entscheidungen bezüglich des 5G-Ausbaus gemacht werden. Dies schließt gegebenenfalls eine vorsorgeorientierte Anpassung der Grenzwerte und der Ausbauplanung ein.
Ich hoffe, ich konnte Ihnen meiner Rückmeldung das Vertrauen in die Grüne Politik zurück geben.
Mit freundlichen Grüßen,
Andrea Bogner-Unden