Frage an Alexandra Dinges-Dierig von Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dinges-Dierig,
die BND-NSA-"Kooperation" ist in ihrem Umfang nun noch deutlicher geworden.
Es geht um die sogenannten "Selektoren", (Suchbegriffe, IP-Adressen etc.), die die NSA dem BND gegeben hatte, um die Internet- wie auch die Telefonkommunikation von Bundesbürger_innen sowie Unternehmen und Regierungen mitzuhören.
Dabei ist davon auszugehen, dass massiv die Grundrechte deutscher Bürger_innen verletzt wurden. Eine gesetzliche Grundlage dazu gibt es nicht.
Die Bundesregierung möchte offensichtlich das Thema aussitzen und gibt die "Selektoren" nicht bekannt - mit Hinweis, dass die USA gefragt werden müssten.
Dabei geht es NICHT um die USA, sondern verfassungswidrige Handlungen gegen die Bürger_innen. Ein Fragen der USA ist da nicht notwendig. Eine Aufarbeitung und Kontrolle von Geheimdiensten insgesamt wäre angemessen.
Welche Initiative haben Sie als Mitglied einer Regierungspartei ergriffen, um die Rechte der Bürger_innen zu schützen und um diesen Fall aufzuklären?
Haben Sie die Herausgabe der "Selektoren" gefordert?
Oder sind Sie der Meinung, dass die USA bei dem Schutz der verfassungsrechtlich verbrieften Rechte der Bürger_innen gefragt werden müssten?
Mit freundlichen Grüßen
J.Georg Brandt
Sehr geehrter Herr Brandt,
vielen Dank für Ihre Frage. Zurzeit ist ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss damit beschäftigt, die von Ihnen angesprochenen Vorgänge aufzuklären. Aus Respekt vor der Arbeit meiner Kolleginnen und Kollegen kann ich deshalb die Situation vor Abschluss der Untersuchungen nicht abschließend bewerten.
Die Liste der sogenannten Selektoren wird von einem Ermittlungsbeauftragten eingesehen werden können. Ohne selbst im Untersuchungsausschuss Mitglied zu sein halte ich dies für einen guten Mittelweg. Insbesondere geht es bei den Beratungen ganz explizit um deutsche Sicherheitsinteressen, die bei einer Veröffentlichung der Liste in Gefahr geraten könnten. Durch die Arbeit der Dienste, die notwendigerweise auf Geheimhaltung vertrauen können müssen, sind beispielsweise deutsche Soldaten vor Anschlägen in Afghanistan bewahrt worden.
Denn in Bad Aibling, der Einrichtung des BND, wird, wie sie sicher der Presse entnehmen konnten, nicht etwa innereuropäischer Daten- und Telekommunikationsverkehr erfasst. Es handelt sich vielmehr um eine Einrichtung, die gezielt auf Verbindungen in den Krisenregionen der Welt abzielt, vor allem im Nahen und Mittleren Osten. Der BND hat den Ruf, besonders in dieser Region exzellent informiert zu sein. Angesichts der Bedrohungen, die in diesen Regionen ihren Ursprung haben, ist es aus meiner Sicht im fundamentalen deutschen Interesse, Informationen sammeln und die Lage vor Ort analysieren zu können.
Die Einrichtung des parlamentarischen Untersuchungsausschusses, dem auch ich zugestimmt habe, ist das beste Mittel der Legislative, Vorgänge aufzuklären. Bei den Beratungen wird es auch weiterhin um die Grundrechte deutscher Bürgerinnen und Bürger gehen. Ich vertraue voll auf die Arbeit der Kolleginnen und Kollegen und werde mich, sobald das Ergebnis vorliegt, hiermit befassen.
Mit freundlichen Grüßen
Alexandra Dinges-Dierig