Frage an Alexandra Dinges-Dierig von Jürgen B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrte Frau Dinges-Dierig,
Herr Arseni Jazenjuk - Ministerpräsident der Ukraine - hatte in einem öffentlichen Interview in der ARD behauptet, dass die "Sowjetrussen" im Zweiten Weltkrieg über die Ukraine Deutschland angriffen.
Diese geschichtsklitternde Sicht ist bisher sowohl von Mainstream-Medien als auch von Regierungsseite nicht zurückgewiesen worden.
Ich gehe davon aus, dass Sie die Fakten kennen?
Ich erwarte von einer demokratisch gewählten Bundesregierung, die sich eindeutig zum Grundgesetz durch Eid bekannt hat, klare Aussagen zu solchen Äußerungen. Wollen Sie einem Ministerpräsidenten, der faschistisch orientierte Politiker in seine Partei (und in Führungspositionen) aufgenommen hat, und der die Kriegsverbrechen der Nazi-Deutschen leugnet, einen Persilschein erstellen und sich mit ihm gemein machen?
Die Bundesregierung hat der Ukraine beim Besuch von Herrn Arseni Jazenjuk einen weiteren Kredit eingeräumt. Wie ist das mit einer solchen Einstellung des Ministerpräsidenten der Ukraine vereinbar?
Wie sind üUnterstützungen von Regimen vereinbar, die offensichtlich gegen Menschenrechte verstoßen?
Hier nur als Beispiel Saudi-Arabien: Raif Badaw wird wegen der Erstellung einer Website, auf der Kritik an extremen religiösen Positionen geübt wird, zu 10 Jahren Haft und 1.000 Peitschenhieben - 50 pro Woche - verurteilt. Die ersten Peitschenhiebe erlitt er in aller Öffentlichkeit vor einer Moschee. Raif Badaw ist Journalist.
Sind Sie nicht Charlie (Terrorakt gegen die Redaktion des Satiremagazins "Charlie Hebdo" in Paris und gegen Freiheit insgesamt)?
Vonseiten der Bundesregierung habe ich bisher keinerlei Aufschrei gegen solche Missachtung der Menschenrechte gehört. Stattdessen werden Waffenlieferungen an dieses Regime von der Bundesregierung (autorisiert durch Frau Dr. Angela Merkel) erlaubt.
Das ist bisher sehr peinlich für die Bundesregierung und die Abgeordneten der Regierungsparteien.
Erklären Sie sich bitte dazu.
Freundliche Grüße
J.Georg Brandt
Sehr geehrter Herr Brandt,
den von Ihnen zitierten Fernsehbericht habe ich nicht gesehen und werde ihn daher auch nicht kommentieren.
Was die Frage nach Waffenexporten angeht, so ist dies, ebenso wie die Außenpolitik, eine Angelegenheit der Exekutive, also der Regierung, und nicht des Parlaments. Die Entscheidung zu Waffenexporten wird im Bundessicherheitsrat gefällt. Der Bundessicherheitsrat ist ein Kabinettausschuss, der unter Vorsitz der Bundeskanzlerin tagt.
Die Bundesregierung hat schon in den vergangenen Jahren zu Rüstungsexporten nach Saudi-Arabien Stellung genommen und dabei deutlich erklärt, dass sie über Rüstungsexporte im Einzelfall und im Lichte der jeweiligen Situation nach sorgfältiger Prüfung unter Einbeziehung außen- und sicherheitspolitischer Erwägungen entscheidet. Grundlage sind die strengen "Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern" aus dem Jahr 2000. Nach diesen Grundsätzen kommt der Beachtung der Menschenrechte im Empfängerland eine besondere Bedeutung zu.
Mit freundlichen Grüßen
Alexandra Dinges-Dierig