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Alexander Ulrich
BSW
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Frage von Herbert S. •

Sind Sie für eine Impfpflicht?

Der Parteivorstand der LINKEN fordert in dem Beschluss „Corona gemeinsam besiegen – solidarische Notbremse jetzt!“ (https://www.die-linke.de/partei/parteidemokratie/parteivorstand/parteivorstand/detail/corona-gemeinsam-besiegen-solidarische-notbremse-jetzt/) eine allgemeine Impfpflicht für Volljährige.
Teilen Sie diese Forderung des Parteivorstandes? Falls ja, wie soll nach Ihrer Meinung so eine Impfpflicht durchgesetzt werden? Soll es Geldstrafen geben (die hauptsächlich die arme Bevölkerung treffen, auch wenn die Strafen nach Einkommen gestaffelt sind)? Soll es im Falle einer Weigerung, sich impfen zu lassen, Gefängnisstrafen geben? Soll es im Falle einer Weigerung, die Geldstrafe zu zahlen, zu Gefängnisstrafen kommen? Sollen die Polizei oder das Militär die Unwilligen zum Impfen bringen? Soll es Berufsverbote geben, falls eine Impfung verweigert wird?
Falls Sie die Forderung des Parteivorstandes nicht teilen, begründen Sie bitte Ihre Ablehnung.

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Antwort von
BSW

Sehr geehrter Herr S.,

ich bedanke mich herzlich für Ihre Frage bezüglich einer allgemeinen Impflicht bzw. des Parteivorstandbeschlusses. Um es gleich vorweg zusammenzufassen, ich bin grundsätzlich nicht gegen das Impfen, aber gegen eine allgemeine und berufsbezogene Impfpflicht.

Eine Impfverpflichtung insbesondere unter den gegebenen Umständen halte ich für falsch. Viele Menschen haben erhebliche Zweifel an einer auf Profit getrimmten Pharmaindustrie und an einem Gesundheitssystem, das sich aufgrund eines enormen Sparzwangs kaum noch an den Bedürfnissen der Patient*innen, alten Menschen und Beschäftigten orientiert bzw. orientieren kann. Die Politik darf diese berechtigten Zweifel nicht einfach ignorieren!

Ich bin auch gegen eine einrichtungsbezogene Impfpflicht, da sie arbeitsrechtliche Konsequenzen - wie zum Beispiel Kündigung oder Sanktionen - für Beschäftigte haben könnte, die ich als gewerkschaftlich organisierter Abgeordneter ablehne. Die Gewerkschaft Verdi und der DGB lehnen eine solche einrichtungsbezogene Impfpflicht mit Blick auf die Beschäftigten ebenfalls ab. Insbesondere für die Beschäftigten, die sich seit vielen Monaten mit hohem beruflichem Engagement und persönlichem Risiko der Pandemie entgegenstemmen, halte ich diesen Weg für den falschen, um eine höhere Impfquote zu erreichen. Es besteht die Gefahr, dass der Pflegeberuf noch mehr an Attraktivität verliert und bereits frustrierte, da schlecht bezahlte und überarbeitete, Pfleger*innen ihren Job niederlegen.

Wenn wir das Vertrauen der Menschen in das Gesundheitssystem, in die Pharmaindustrie und damit letztlich auch in das Impfen gewinnen wollen, brauchen wir zuallererst eine verantwortungsvollere Politik. Eine Politik, die sich an den Bedürfnissen der Menschen orientiert und nicht an den der profitorientierten Konzerne! Eine solche Politik müsste sich mit Letzteren auseinandersetzen, ja, sogar anlegen. Ich sehe nicht, dass die neue Regierung das vorhat. Eine weitere Spaltung der Gesellschaft, soziale Unzufriedenheit und Misstrauen in die Demokratie werden die Folge sein.

Was wir brauchen und was es längst hätte geben müssen, sind große Aufklärungskampagnen, Einladungen zu Impfterminen, Impfteams in Pflegeheimen und anderen sozialen Einrichtungen. Privatisierungen im Gesundheitsbereich müssten gestoppt, Krankenhäuser und Pflegeheime subventioniert und nicht zu Letzt Arbeitsbedingungen für das Krankenhauspersonal und für Pfleger*innen endlich verbessert werden.

Bevor wir die Einführung einer Impflicht diskutieren, sollten wir das Gesundheitssystem und auch die Pharmaindustrie grundsätzlich auf den Prüfstand stellen, die Fehler und gravierenden Probleme auf den Tisch legen und alles entsprechend so verbessern, dass Menschen das Vertrauen in das Gesundheitssystem zurückgewinnen.

Und es muss auch die Freigabe der Impfstoffpatente diskutiert werden. Einerseits um den Bürger*innen eine wirkliche Wahl zu lassen, welchen Impfstoff sie nutzen wollen und andererseits um die Bevölkerung im Globalen Süden ausreichend impfen zu können, auch um die Ausbreitung gefährlicher Mutationen zu verhindern. Klar ist doch auch, die Coronakrise ist nur global zu bekämpfen!

Vielen Dank!

Alexander Ulrich

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