Frage an Adi Sprinkart von Dr. Rolf G. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Ein herzliches Grüß Gott, Herr Sprinkart,
und noch alles Gute für 2012!
Die Bayrische Verfassung sagt in Art. 161 (2): Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen. „Die wirtschafts- und sozialpolitische Sachprogrammatik dieser »Vollverfassungen « blieb jedoch weitgehend Papier“, wie der Sozialrechtler Prof. Hans F. Zacher (u.a. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, Bundesverfassungsgericht) bereits 1972 monierte. „Auch praktischpolitische Vorschläge... bezogen und beziehen sich... nicht auf das wirtschafts- und sozialpolitische Programm der Verfassung.... Dieses Maß an Vernachlässigung ist nicht gerechtfertigt.“ (Verfassung und Verfassungsrechtsprechung, Festschrift zum 25-jährigen Bestehen des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs.(1972), epub.ub.uni-muenchen.de/9931/1/9931.pdf
Der Artikel 161 (2) eröffnet zwei Chancen,
1. Entlastung der Haushalte. Im Kontext der BV (dritter Hauptteil: Gemeinschaftsleben) ist hier besonders an die Sozialleistungen zu denken.
2. Reduktion des Erschließungsdrucks, der sich aus der Erwartung exzessiver Wertsteigerungen ergibt. Damit wäre dem Ziel der Bayrischen Staatsregierung gedient, Flächenverluste zu vermeiden.
Nun meine Frage
1. Halten Sie den Artikel 161 in Bayern für angemessen umgesetzt?
2. Werden die Grünen sich für eine angemessene Berücksichtigung des Artikels einsetzen?
3. In welcher Größenordnung könnten Einnahmen der öffentlichen Hand bei Umsetzung des Artikels zufließen?
Mit freundlichem Gruß
Rolf Grebenstein, Bühl
Hallo Herr Grebenstein,
auch Ihnen noch ein gutes neues Jahr.
Zu Ihrem Anliegen. Sie haben Recht, der Artikel 161 Art. 2 der bayerischen Verfassung ist eine Vorschrift, die in der Verfassungspraxis ohne Bedeutung ist und als bloßer Programmsatz lediglich einen Auftrag an den Staat zur Verteilungsgerechtigkeit formuliert.
Ihre Frage, ob wir die Regelung in Bayern für angemessen umgesetzt halten, können wir also mit einem klaren Nein beantworten.
Bei der Frage, wie man diesen Programmsatz umsetzen könnte, ist zu beachten, dass dem Freistaat Bayern die Kompetenz zum Erlass von Regelungen zur Plangewinnabschöpfung angesichts der abschließenden Regelungen im Baugesetzbuch, das eine allgemeine Regelung über Plangewinnabschöpfung nicht kennt, nicht zusteht.
Wir Grüne sind bisher zu diesem Thema nicht aktiv geworden, nehmen aber Ihren Hinweis und Ihre Frage gerne als Anregung auf.
Zu Ihrer dritten Frage:
Modalitäten der Gewinnabschöpfung könnten - rein theoretisch - z.B. eine "Wertzuwachssteuer" oder eine sonstige Wertsteigerungsabgabe sein.
Ein solche Gewinnabschöpfung könnte die Haushalte in einem gewissen Umfang, den ich nicht einzuschätzen vermag, entlasten. Ihre Hoffnung, damit den Erschließungsdruck zu reduzieren, kann ich allerdings nicht teilen. Zumindest wird das nach meiner Einschätzung nicht in einem nennenswerten Umfang erfolgen. Die Konsequenzen wären je nach Marktlage steigende Preise oder sinkende Gewinne.
Um den Flächenverbrauch zu reduzieren, sind andere Maßnahmen besser geeignet. So wollen wir im Landesplanungsgesetz den durchschnittlichen Flächenverbrauch pro Tag auf 6 ha begrenzen, und zwar als einklagbares Recht.
Für weitere Rückfragen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Adi Sprinkart