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Achim Post
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Frage von Rainer W. •

Frage an Achim Post von Rainer W. bezüglich Gesundheit

Sehr geehrter Herr Post,

Ich möchte niemals fremdes menschliches Gewebe oder Organe erhalten und halte diese Behandlung aus medizinischer Sicht, nicht nur für völlig ungeeignet, sondern i.d.R. für extrem schädlich. Auch soll kein Mensch sein Leben auf diese schrecklichste Art und Weise, durch Zerstückelung wie auf einem Schlachttisch, verlieren und bis hin zu Knorpelstücken oder Kniegelenken verpackt und verschickt werden.

Die Verdinglichung des Menschen als Medikament, ist für mich der absolute Maßstab von Menschenunwürdigkeit.
Tatsächlich gibt es Menschen, die gegen eine Zerstückelung Ihres Körpers nichts einzuwenden haben, auch nicht gegen den Einbau von fremden Geweben und Organen.

Beide Einstellungen lassen sich verbinden, wenn Menschen sich als Spender registrieren lassen könnten und für jedes Jahr seit der Erklärung der Spendebereitschaft, Punkte kriegen würden, für eine bevorzugte Organ-/Gewebezuteilung im Bedarfsfall. Organerkrankten, die nicht registriert sind, aber aus speziellen Gründen kurzfristig ein Organ/Gewebe brauchen, könnten nach Ihrer Registrierung sofort Zugang zu der Vergabe haben, z.b. durch ein Notfallkontingent auch ohne gesammelte Punkte. Als "Geschlossener Club" gibt es viele Möglichkeiten des Kennenlernens, was die Erfolgsaussichten einer Übertragung, durch bekannte Menschen, erhöht.
Bei denen, die nicht registriert sind bzw. sich bei einer Erkrankung auch nicht registrieren wollen, soll es bei Strafe verboten sein, Organe/Gewebe als Therapie zu verabreichen oder auch zu entnehmen. Dies kommt all den Menschen zugute, die befürchten, im bewußtlosen Zustand nicht widersprechen zu können und nach einer OP mit fremden Organen/Geweben aufzuwachen.

Der amtierende Präsident der Ärztekammer hat dieses Prinzip thematisiert https://www.waz.de/politik/aerztepraesident-organspende-bereitschaft-mit-vorzug-belohnen-id226233671.html .
Wurde dieses Vorgehen diskutiert bzw. welche Erfolgsaussichten würden Sie diesem Vorgehen geben?

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr W.,

haben Sie vielen Dank für Ihre E-Mail zum Thema Organspende.

Mehr als 9000 Menschen warten derzeit in Deutschland auf eine Organtransplantation. Im Jahr 2018 haben 955 Menschen nach ihrem Tod ihre Organe gespendet. Auch wenn das erstmals seit 2010 einen Anstieg der Zahlen bedeutet, reicht die Anzahl von Organspendern bei weitem nicht aus, damit alle Menschen ein Spenderorgan bekommen, die es benötigen.

Für mich ist klar: Angesichts der seit Jahren niedrigen Spenderzahlen muss die gesetzliche Grundlage für Organspenden verändert werden. Deswegen begrüße ich es, dass der Bundestag nach einer allgemeinen Orientierungsdebatte Ende 2018 am 26. Juni 2019 darüber diskutiert hat, wie die Bereitschaft zur Organspende besser gefördert werden kann. Konkret ging es um zwei Gesetzentwürfe zur Neuregelung der Organspende, die unterschiedliche Ansätze verfolgen und von fraktionsübergreifenden Abgeordnetengruppen vorgelegt wurden. Beide Konzepte sehen umfangreiche Aufklärungs- und Informationskampagnen der Bevölkerung vor, um die neuen Regeln bekannt zu machen.

Eine Gruppe von Abgeordneten um die Grünen-Vorsitzende Annalena Baerbock strebt mit ihrem Gesetzentwurf eine Stärkung der Entscheidungsbereitschaft bei der Organspende an. So soll Bürgern über ein Online-Register die Möglichkeit gegeben werden, ihre Entscheidung einfach zu dokumentieren, jederzeit zu ändern und zu widerrufen. Die Abgabe einer Erklärung zur Organ- und Gewebespende soll künftig auch in den Ausweisstellen möglich sein. Ferner ist vorgesehen, dass Hausärzte ihre Patienten alle zwei Jahre über die Organ- und Gewebespenden beraten und sie zur Eintragung in das Register ermutigen sollen. Abgeordnete der SPD-Bundestagsfraktion wie Ulla Schmidt und Hilde Mattheis unterstützen dieses Konzept.

Eine zweite Gruppe von Abgeordneten um Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und den SPD-Gesundheitsexperten Prof. Dr. Karl Lauterbach strebt mit ihrem Gesetzentwurf eine doppelte Widerspruchslösung bei der Organspende an. Demnach gilt jeder Bürger als möglicher Organ- oder Gewebespender, der zu Lebzeiten keinen Widerspruch erklärt hat. Wenn zugleich auch den nächsten Angehörigen kein entgegenstehender Wille bekannt ist, gilt die Organentnahme als zulässig. Mit der Einführung der doppelten Widerspruchslösung soll ein Register erstellt werden, in dem Bürger ihre Erklärung eintragen lassen können.

Die Gesetzesinitiativen sollen nun zur weiteren Beratung an den federführenden Gesundheitsausschuss überwiesen werden. Der Bundestag wird sich im Oktober erneut mit ihnen befassen und darüber ohne Fraktionszwang abstimmen. Das heißt, die Abgeordneten entscheiden frei nach ihrem Gewissen.

Mit freundlichen Grüßen
Achim Post

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