Andreas Beier
UNABHÄNGIGE
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Frage von Florian S. •

Frage an Andreas Beier von Florian S. bezüglich Recht

Wie stehen sie zum Thema innere Sicherheit und dem Problem, dass zu wenig Polizei die Straßen überwacht.

Antwort von
UNABHÄNGIGE

Sehr geehrter Herr Sensmeier,

danke für Ihre sehr umfangreiche Frage, denn das Thema Innere Sicherheit ist komplex. Daher habe ich meine Antwort aufgrund meiner Erfahrungen aus 25 Dienstjahren als Polizist und aufgrund meiner Erkenntnisse als Polizeiwissenschaftler folgendermaßen strukturiert, um Ihnen auch eine Antwort auf ihre Frage "dass zu wenig
Polizei die Straßen überwacht" zu geben.

Die Belastung der Polizei bzw. der Inneren Sicherheit hat in den letzten 25 Jahre ständig zugenommen, was an folgender Auswahl deutlich wird:
- Internationale Organisierte Kriminalität, Kriminalität aufgrund der geöffneten Grenzen (Menschen-, Waffenhandel, Drogenschmuggel, Geldwäsche), Korruption bei öffentlichen Bauprojekten,
- vermehrte Aktivitäten von Ausländer-, Rechts- und Linksextremisten,
- Großeinsätze (Fußball-WM 2006, G8-Gipfel, Castortransporte, NATO-Gipfel, Papstbesuch, Stuttgart 21, Sicherung der Fußballbundesligaspiele bis hin in die Regionalligen),
- Betrugsstraftaten (im Internet, durch Steuerhinterziehung, bei der Beantragung von Sozialleistungen),
- Schließung von Dienststellen, Stellenstreichungen, steigende Zahl von Krankheitsfällen (von Dauerkranken) und Teilzeitbeschäftigungen,
- Reduzierung der Streifenfahrten aus Kostengründen, Streichung von Weiterbildungs- oder Vorsorgemaßnahmen,
- mehr Verwaltungstätigkeiten von Polizisten durch neue rechtliche Vorschriften (Statistiken führen, Konzepte erarbeiten, EU-Richtlinien einhalten),
- Zunahme der Gewalt gegenüber der Polizei, Zunahme der Gewaltdelikte,
- Frustration und Resignation in Teilen der Polizei,
- usw.

Die Polizei in Deutschland zeichnet sich demgegenüber u. a. in folgenden Bereichen aus bzw. veränderte sich in folgenden Bereichen positiv:
- Verbesserung und Professionalisierung der Aus- und Weiterbildung (praxisnahe Ausbildung, zweigeteilte Laufbahn, gehobener Dienst: B. A.-Abschluss und höherer Dienst: M. A.-Abschluss)
- Öffnung der Polizei zu mehr Bürgernähe (Projekte kommunaler Kriminalprävention, Tage der offenen Tür, mehr Öffentlichkeitsarbeit wie bei den Castoreinsätzen),
- hohe Aufklärungsquoten, insbesondere bei schweren Straftaten, von bis zu 90 Prozent,
- Fahndungserfolge an den Grenzen, in Zusammenarbeit mit anderen Dienststellen wie dem Zoll oder auch bei Kleinstkriminalität (einfachen Diebstählen),
- Erfolge bei der Bekämpfung des islamistischen Terrorismus (wie der Festnahme der Sauerlandgruppe),
- Reduzierung der Verkehrsunfalltoten, gemeinsame Aktionen mit Partnern zur Verkehrssicherheit,
- verbesserte Ausstattung und Ausrüstung, erfolgreicher Einsatz von Spezialkräften-/Einheiten (Spezialeinsatzkommandos, Hundeführer, Polizeihubschrauber, Festnahmeeinheiten, Gemeinsame Ermittlungsgruppen verschiedener Polizeidienststellen),
- engagierte und motivierte Kolleginnen und Kolleginnen, die immer noch gerne den Polizeiberuf ausüben,
- usw.

Die überwiegende Mehrheit der Menschen in den Großstädten und in den ländlichen Regionen und auch ich verlangen, dass
- genügend meiner Kolleginnen und Kollegen im Dienst sind, die Streife fahren,
- bei einer Straftat die Polizei sofort in ausreichender Stärke an den Einsatzort fahren kann,
- die Polizei genügend Zeit hat, Anzeigen in Ruhe aufzunehmen,
- genügend Kolleginnen und Kollegen da sind, um erfolgreich Straftäter ermitteln zu können,
- Straftaten konsequent verfolgt und Straftäter gerecht verurteilt werden.

Daraus lassen sich folgende Schlussfolgerungen ziehen:

1. Die Polizei muss in Deutschland sowohl von Seiten der Politik und den Medien, als auch von den Bürgern und von den in Deutschland lebenden Ausländern, fair und respektvoll für ihre Arbeit (wie eben für ihre Streifenfahrten im anstrengenden Schichtdienst) behandelt werden. Dann fahren Polizisten gerne Streife.

2. Die Polizei benötigt auch mehr Personal, dass qualifiziert (den allgemeinen Bildungsstandards entsprechend) ausgebildet sein muss. Die Einführung der zweigeteilten Laufbahn mit ausreichend Beförderungsmöglichkeiten in allen Bundesländern und beim Bund ist eine Möglichkeit, um die Qualität der polizeilichen Arbeit zu sichern. Aufgrund der Pensionierungen, der neuen, oben beschriebenen, Aufgabengebiete, der Personalreduzierungen, usw., fehlen nach verschiedenen Berechnungen mehrere Zehntausend Polizisten.
Genügend Personal bedeutet auch genügend Streifen.

3. Die Polizei benötigt technische Ausrüstung, die stets auf dem neuesten Stand ist (der Digitalfunk ist beispielsweise immer noch nicht Standard). Die Polizei muss auch professionell aus- und weitergebildet wird. Technisch optimal ausgerüstete Polizeifahrzeuge können optimal zum Streife fahren eingesetzt werden (für Einsatz- und Kriminalitätsbrennpunkte).

4. Die Polizei muss genügend Personal und genügend Fahrzeuge haben, damit zu jeder Zeit, an 365 Tagen im Jahr, genügend Streifenbesatzungen am Einsatzort sind. Dessen ungeachtet muss auch das reguläre „Streife fahren“ zur Prävention, zur Aufklärung und zur Kontaktaufnahme mit den Menschen jederzeit möglich sein. Sparen darf man nicht an der falschen Stelle - wenn es um die Innere Sicherheit und um die Sicherheit der Menschen in Deutschland geht!

Mit freundlichem Gruß
Andreas Beier