Mit den Kampagnen von abgeordnetenwatch.de können Sie sich direkt an die Politik wenden. So machen wir gemeinsam Druck für mehr Transparenz in der Politik, mehr Bürgerbeteiligung und frei zugängliche Informationen.

Die simple Lösung heißt: Lobbyregister!

Sie sind Rüstungs- oder Pharmaunternehmer? Herzlichen Glückwunsch, Ihre Lobbyverbände zählen zu den einflussreichsten in Berlin. Damit haben Sie  gute Chancen, Gesetze zu Ihren Gunsten zu verändern. Denn: Lobbyismus unterliegt  hierzulande so gut wie keiner Beschränkung. Das muss sich endlich ändern! Ein Plädoyer für die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters. [Update 19.5.2017: In dieser Wahlperiode wird es definitiv keine Abstimmung mehr über ein Lobbyregister geben. Darauf hat sich die Rechtsstellungskommission des Ältestenrates heute verständigt. Erst zu Beginn der nächsten Legislaturperiode sollen die Verhandlungen im Zusammenhang mit der Anpassung der Geschäftsordnung wieder aufgenommen werden, teilte die Parlamentarische Geschäftsführerin der Linken, Petra Sitte, nach der Sitzung mit.]

von Roman Ebener, 28.03.2017
© geldoderleben/flickr/CC BY-SA 2.0

Allein In Berlin sind es geschätzt 6.000 Lobbyisten, die die Bundesregierung und unsere Abgeordneten bearbeiten. Sie schicken unverlangt Stellungnahmen, beraten Politiker in Fachfragen oder schreiben an Gesetzestexten mit. Sie sind bestens vernetzt und informiert. Sie haben privilegierten Zugang zu politischen Entscheidungsträgern und können so maßgeblichen Einfluss auf politische Entscheidungen nehmen. Doch die Einflussnahmeversuche bleiben im Verborgenen.

Mögliche Schäden für Gesellschaft und Demokratie lassen sich nicht beziffern, dürften aber gravierend sein. Die Grundthese: Je finanzstärker ein Lobbyakteur ist, desto wahrscheinlicher kann er seine Interessen in der Politik unterbringen. Für viele Menschen ist  so etwas ein Grund, sich von der Politik abzuwenden.

Wer gegen die Regeln verstößt, muss zahlen und fliegt raus

Dabei gibt es eine relativ simple Lösung: Transparenz. Mit einem Lobbyregister ließen sich die bislang verdeckten Einflussnahmeversuche öffentlich machen. Lobbyisten müssten sich registrieren, ihre Auftraggeber und ihre Budgets nennen, und am wichtigsten: angeben, wo sie tatsächlich Einfluss nehmen. Wer dagegen verstößt zahlt Strafe und fliegt raus. Elektronisch und öffentlich geführt, wäre es eine verlässliche und aussagekräftige Quelle.

Natürlich muss die Politik auch mit Wirtschaftsvertretern sprechen. Es kommt auf das Verhältnis an. Wenn bekannt ist, welche Interessen ein Politiker berücksichtigt, dann fällt auch auf, welche Interessen fehlen. Trifft sich zum Beispiel ein Politiker nur mit Industrie- aber nicht mit Umweltvertretern, können Sie als Wählerin und Wähler entscheiden, ob Ihre Interessen ausreichend berücksichtigt wurden.

Abgeordnete sind laut Grundgesetz „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen“. Ob sie diese Verpflichtung zu genüge erfüllen, darüber entscheiden wir, die Bürgerinnen und Bürger, mit unserer Stimme.

Nicht nur die Lautesten oder Finanzstärksten sollen gehört werden

Ein Lobbyregister wirkt also präventiv, um die Vielfalt von Interessen zu stärken, statt lediglich die lauteste oder finanzstärkste zu berücksichtigt. Es stärkt das Vertrauen in unsere Abgeordneten und Parlamente. Es stärkt uns Bürgerinnen und Bürger bei ihrer Wahlentscheidung.

Übrigens: Die meisten Menschen sind für die Einführung eines verbindlichen Lobbyregisters, laut einer repräsentativen TNS-Emnid-Umfrage 78 Prozent. Doch im Bundestag gibt es beharrlichen Widerstand. Fragen Sie doch einmal Ihren Abgeordneten, mit welchen Lobbyisten er sich trifft – und was er von einem Lobbyregister hält. (zur Fragemöglichkeit auf abgeordnetenwatch.de)

abgeordnetenwatch.de hat zusammen mit LobbyControl einen Gesetzentwurf für ein verbindliches Lobbyregister ausgearbeitet und kürzlich an die Bundestagsfraktionen überreicht (weiterführende Informationen: Wichtige Fragen und Antworten zu unserem Gesetzentwurf). Nun liegt der Ball im Feld der Politik.


Dieser Artikel ist am 27. März 2017 auch als Gastbeitrag im Weser Kurier erschienen.
 

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