2009 hatten die GRECO-Prüfer zehn Empfehlungen zur Verbesserung der Transparenz in Sachen Parteienfinanzierung ausgesprochen. Als letzten Oktober der zweite vorläufiger Umsetzungsbericht der GRECO veröffentlicht wurde, waren sechs der Punkte nur teilweise umgesetzt, eine noch gar nicht.
Bis gestern lief nun die Frist, die Parteienfinanzierung entsprechend der GRECO-Empfehlungen zu reformieren - doch wieder einmal ignorierte Deutschland die Vorgaben der Staatengruppe.
Bislang überhaupt nicht angegangen wurde von Deutschland die Prüfung der Rechenschaftsberichte, in denen die Parteien u.a. die Namen von Parteispendern offenlegen müssen. Seit Jahren erfolgt die externe Prüfung der Rechenschaftsberichte der Parteien von demselben Wirtschaftsprüfungsunternehmen. GRECO empfiehlt deshalb zur Sicherstellung der Unabhängigkeit der Prüfung zum Beispiel eine Art Rotation oder einen zweiten Prüfer. Auf diese Weise ließen sich auch Rechenschaftsberichte auf Orts- und Kommunalebene untersuchen. Eine Mehrheit im Bundestagsinnenausschuss sah für eine solche Reform bislang keine Notwendigkeit.
Die Grenzwerte für die Veröffentlichung von Spenden sind nach Auffassung von GRECO in Deutschland viel zu hoch. Derzeit müssen die Namen der Spender erst ab einer Summe von 10 000€ innerhalb eines Jahres im Rechenschaftsbericht publiziert werden, die teilweise mit einer Verzögerung von eineinhalb Jahren erscheinen. Zeitnah werden lediglich Großspenden ab einem Betrag von 50 000€ veröffentlicht, die dann mit Summe und Namen des Spenders auf der Bundestagshomepage gestellt werden. Die Parteien sollen nach den Vorgaben von GRECO in Wahlkampfzeiten ihre Spenden zeitnah in einem gesonderten Rechenschaftsbericht mitteilen, um mögliche Versuche der finanziellen Einflussnahme öffentlich zu machen. In diesen Punkten sieht eine Mehrheit im Innenausschuss wenig Handlungsbedarf.
Ein weiteres Transparenzdefizit ist die Möglichkeit, direkt an Abgeordnete zu spenden. Solche Direktspenden müssen dem Bundestagspräsidenten erst ab 5000€ mit Name und Adresse des Spenders angezeigt werden. Veröffentlicht werden diese aber erst ab einer Summen von über 10 000 €. Bar-Spenden an Abgeordnete können in unbegrenzter Höhe erfolgen. Nach Meinung der GRECO ist ein Grenzwert von 5000€ noch viel zu hoch. Zudem sollten Transparenzregelungen auch für Spendenzahlungen an Wahlwerber gelten. Die Empfehlung, Spenden an Kandidaten oder Abgeordnete ganz zu verbieten oder sie zu Rechenschaft bzw. Offenlegung zu verpflichten, wurde lediglich teilweise umgesetzt.
GRECO verlangt von Deutschland außerdem, Verstöße gegen die Verhaltensregeln hinsichtlich von Spenden an Abgeordnete stärker zu ahnden. Die bislang möglichen Sanktionen seien noch nicht „wirksam, angemessen und abschreckend“ genug.
Außerdem wurde die Empfehlung, die Finanzen von Parteien, parteinahen Stiftungen und Fraktionen stärker zu trennen, ebenfalls nicht befolgt. Um sich einen besseren Überblick über Finanzen verschaffen zu können, wird von GRECO ein globaler Finanzbericht mit getrennter Aufführung der einzelnen Gruppierungen (Jugendorganisationen, Partei, Stiftungen etc.) vorgeschlagen. Bislang wurde darüber nur beraten, konkrete Änderungen sind jedoch noch nicht erfolgt.
Das Aufsichtsorgan um den Bundestagspräsidenten, das die Parteifinanzierung untersucht, ist bislang im Vergleich zu anderen Ländern noch unterbesetzt. Darüber hinaus haben die Mitarbeiter keinen Zugriff auf Originaldokumente, weshalb Unregelmäßigkeiten schwerer feststellbar sind. Zwar wurde die Anzahl der Mitarbeiter inzwischen von acht auf zehn erhöht. Dies ist aus Sicht von GRECO allerdings nicht ausreichend. Sie fordert weitere Maßnahmen wie eine spezielle Ausbildung der prüfenden Beamten und mehr Befugnisse für die Aufsicht.
Regelmäßig wird Deutschland von GRECO wegen ausbleibender Reformen gerügt. Im vergangenen März hatte die Staatengruppe erneut eine Prüfkommission nach Berlin geschickt, die von abgeordnetenwatch.de und zwei anderen Organisationen wissen wollte, was hierzulande im Argen liegt. Dabei ging es u.a. um Abgeordnetenbestechung, Nebeneinkünfte und fehlende Karenzzeiten.
Paul Meyhöfer