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Kurzanalyse des Koalitionsvertrags: Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung kommt, Lobbyregister nicht

Auch wenn der endgültige Koalitionsvertrag erst morgen oder am Donnerstag vorliegen soll: Bereits jetzt ist ein interner Entwurf an die Öffentlichkeit gelangt. In dem 177 seitigen Dokument werden die zwischen CDU, CSU und SPD strittigen Punkte derzeit noch ausgeklammert, Einigkeit besteht aber offenbar schon beim Punkt "Transparenter Staat". Um es vorweg zu nehmen: Die Ergebnisse sind insgesamt alles andere als zufriedenstellend.

von Redaktion abgeordnetenwatch.de, 26.11.2013

Update 27.11.2013: Inzwischen liegt der fertige Koalitionsvertrag vor. 

Auch wenn der endgültige Koalitionsvertrag erst morgen oder am Donnerstag vorliegen soll: Bereits jetzt ist ein interner Entwurf (Stand: Sonntag, 24.11.2013, 20 Uhr) an die Öffentlichkeit gelangt. In dem 177-seitigen Dokument werden die zwischen CDU, CSU und SPD strittigen Punkte derzeit noch ausgeklammert, Einigkeit besteht aber offenbar schon beim Punkt "Transparenter Staat". Um es vorweg zu nehmen: Die Ergebnisse sind insgesamt alles andere als zufriedenstellend, von den guten Transparenz-Forderungen im SPD-Wahlprogramm ist nicht viel eingeflossen.

Das Erfreuliche vorweg: Die Große Koalition will ein Gesetz gegen Abgeordnetenbestechung beschließen. Im Entwurf des Koalitionsvertrags heißt es auf Seite 147:

Wir werden die Strafbarkeit der Abgeordnetenbestechung neu regeln.

Auch wenn es sich lediglich um eine wenig konkrete und rechtlich nicht bindende Absichtserklärung handelt, bedeutet dies aber schon jetzt: CDU und CSU geben ihre jahrelange Blockadehaltung - mitgetragen durch den ehemaligen Koalitionspartner FDP - endlich auf! Das ist ein großer Erfolg für die von 43.862 Menschen unterzeichnete Online-Petition "Abgeordnetenbestechung bestrafen!", die abgeordnetenwatch.de im August 2012 gestartet hatte. 

Screenshot Petitionsseite

Ein Gesetzesverschärfung bei Abgeordnetenbestechung dürfte endlich auch den Weg frei machen für die Umsetzung der UNO-Konvention gegen Korruption, die hierzulande seit elf Jahren nicht ratifiziert wird, weil Deutschland die Mindeststandards der Vereinten Nationen nicht erfüllt.

Ein Fortschritt ist außerdem die Ankündigung von Union und SPD, nahtlose Übergänge von ausscheidenden Regierungsmitgliedern in die Wirtschaft einzuschränken (sog. "Seitenwechsel"), etwa durch eine Karenzzeit. Im Entwurf des Koalitionsvertrag heißt es auf Seite 147:

Um den Anschein von Interessenkonflikten zu vermeiden, streben wir für ausscheidende Kabinettsmitglieder, Parlamentarische Staatssekretärinnen und Staatssekretäre und politische Beamtinnen und Beamte eine angemessene Regelung an.

Auch wenn die Formulierung "angemessene Regelung" großen Interpretationsspielraum lässt, ist dies eine Abkehr von der bisherigen Weigerung von CDU und CSU, in dieser Sache aktiv zu werden. Zuletzt war das Thema durch den Fall des früheren Staatsministers im Kanzleramt, Eckart von Klaeden, aktuell geworden. von Klaeden hatte übergangslos seinen neuen Posten als Lobbyist für Daimler angetreten.

Doch die beiden positiven Ansätze können nicht darüber hinwegtäuschen, dass eine mögliche Große Koalition in sehr vielen Punkten die Hände in den Schoß legt:

  • Offenlegung von Nebeneinkünften auf Euro und Cent: kein Wort dazu im Entwurf des Koalitionsvertrags
  • zeitnahe Veröffentlichungspflicht für Parteispenden über 10.000 Euro: nicht vorgesehen
  • Deckelung von Parteispenden: Fehlanzeige
  • Auflistung von Einnahmen durch Sponsoring in den Rechenschaftsberichten der Parteien: nicht geplant
  • Einführung eines verpflichtenden Lobbyregisters: taucht nicht auf
  • Einführung von Volksentscheiden auf Bundesebene: am Widerstand der CDU gescheitert, taucht im Entwurf mit keinem Wort auf.

Diese Punkte würden die Politik transparenter, also nachvollziehbarer machen und - im Fall des Volksentscheids - die Menschen mit einbeziehen. Doch CDU, CSU und SPD haben, nimmt man den Entwurf ihres Koalitionsvertrags als Messlatte, offensichtlich wenig Interesse daran, das Vertrauen der Menschen in die Politik zu steigern und den Missbrauch durch Lobbyismus zu bekämpfen.

Vieles wird weiterhin im Dunkeln bleiben. abgeordnetenwatch.de wird dazu beitragen, dass möglichst Vieles davon an die Öffentlichkeit kommt.


Sollten sich beim endgültigen Koalitionsvertrag Änderungen im Vergleich zur Entwurfsfassung ergeben, werden wir diese hier aufführen.

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