Es gibt Stimmen, die sagen, dass Deutschland für immer auf russische Energie verzichten soll. Ist unsere Wirtschaft nicht auf günstige Energie angewiesen?
Sehr geehrte Frau Mayer,
würde es nicht unsere Wirtschaft treffen, wenn sie keine günstige Energie mehr beziehen kann? Steigen so die Energiepreise auch langfristig für die Bürger? (Und nicht nur diese?)
Das Flüssiggas ist teurer und wird oft durch umwelt- und klimaschädliches Fracking erzeugt. Für das Kühlen des Gases und den Transport mit dem Schiff wird viel Energie verbraucht. Widersprechen LNG-Terminals nicht dem Ziel, weniger CO2 zu verbrauchen?
Kann so ein großes asiatisches Land mit Gas-Pipeline nach Russland dauerhaft deutliche Wettbewerbsvorteile gegenüber der EU erhalten?
Kommt dann das Gas aus Ländern mit eingeschränkten Menschenrechten, oder von einem Land jenseits des Atlantiks, dass sich, wie auch der Angriffskrieg gegen den Irak zeigte, nicht an geltendes Völkerrecht hält?
Sollte der Krieg nicht durch Verhandlungen beendet werden? Sollte Russland nicht zumindest angeboten werden, bei einem Friedensvertrag wieder mehr Öl und Gas zu beziehen?
MfG
Hallo,
seit dem völkerrechtswidrigen Einmarsch Russlands in die Ukraine wurden wir in Deutschland, aber auch unsere europäischen Partnerländer zu einem sofortigen Umdenken gezwungen. Unsere bisherige Energiepolitik unterstützte diesen Einmarsch tagtäglich durch Geldflüsse für Energieimporte aus Russland. Neben dem Schauplatz dieses schrecklichen Krieges sind diese Importe auch von ökologischer Seite keineswegs zu unterstützen. Wir Grüne haben hierhingehend bereits lange gemahnt, uns bei der Energieversorgung nicht weiter in die Abhängigkeit Russlands zu begeben und eine Förderung von Energieerzeugnissen aus unökologischen Quellen zu minimieren, um gleichzeitig mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien voranzuschreiten.
Zur Wahrheit gehört aber auch, dass jener Ausbau Zeit benötigt. In Augenblicken, in denen an der östlichen Grenze Europas ein menschenverachtender Krieg geführt wird, ist es unsere Verantwortung dabei nicht tatenlos zuzusehen und im Rahmen unserer Möglichkeiten nötige Konsequenzen zu ziehen, ohne dabei innenpolitischen Energiefragen zu vernachlässigen. Insbesondere unsere Industrie benötigt zuverlässig Energie. Hierfür wurden bekanntermaßen Vereinbarungen und Partnerschaften mit Regimen getroffen, die unsere Werte in vielerlei Hinsicht nicht teilen. Trotz der Ambivalenz sind diese Länder in der Lage unseren Ausstieg aus der russischen Energie zeitweise zu überbrücken und ermöglichen uns einen Übergang hin zum fokussierten Ausbau der Erneuerbaren, während wir gleichzeitig weiterhin ein wettbewerbsfähiges Land bleiben können. Indes werden durch unsere Umstellung mehr und mehr Geldflüsse nach Russland eingestellt, wodurch die Finanzierung von Putins Kriegsmaschinerie durch Deutschland minimiert wird.
Selbstverständlich ist die Beendigung des Krieges, bzw. der Start von ernsthaften Friedensverhandlungen unser aller Wunsch. Hierzu muss jedoch von Seiten Russlands eine erkennbare Verhandlungsbereitschaft geschaffen werden.
Ganz Grundsätzlich entspricht eine Rückkehr zu den alten Energieimporten aus fossilen Energien, selbst bei Beendigung des Krieges, nicht unserem langfristigen Ziel. Wie bereits mehrfach erläutert, halten wir auch in diesen schweren Zeiten an unserer Zielsetzung aus dem Koalitionsvertrag fest, bis zum Jahr 2030 bis zu 80% unseres Energiebedarfs durch Erneuerbare zu ersetzen.
Eine Verwirklichung dieses Zieles hätte neben der ökologisch wünschenswerten Tragweite nämlich auch den Effekt, dass Energiepreise langfristig gut bezahlbar bleiben und finanzielle Notsituationen von Bürger*innen nicht durch andere Länder bedingt werden könnten.
Mit freundlichen Grüßen
Zoe Mayer