Weshalb haben Sie gegen die Aufhebung des Patentzschutzes von Coronaimpfstoffen gestimmt? Wo blieb da die Solidarität mit den armen Ländern des Südens? War einmal erklärtes Ziel der SPD.
Sehr geehrte Frau. J.
vielen Dank für Ihre Anfrage zum Thema Freigabe der Patente für Corona-Impfstoffe, auf welche ich Ihnen gern antworten möchte.
In der Tat haben wir den diesbezüglichen Antrag der Linksfraktion abgelehnt, weil dieser kein Konzept enthielt, das über die Patentfrage hinausgeht und tatsächlich zu einer besseren Versorgung und Bewältigung der akuten Pandemie führt.
Grundsätzlich gilt für uns als SPD-Bundestagsfraktion: Impfstoff allen zugänglich zu machen, ist kein karitativer Akt, sondern Teil unserer globalen Verantwortung. Es ist im Interesse aller Staaten, also auch in unserem eigenen wohlverstandenen Interesse, die Pandemie weltweit unter Kontrolle zu bringen. Wie wir das am besten umsetzen können, diskutieren wir derzeit unter anderem in einem eigens dafür gegründeten Unterausschuss Pandemie, dem sogenannten „Parlamentarischen Begleitgremiums Covid-19-Pandemie“. Als Mitglied dieses Unterausschusses habe ich an einer Öffentlichen Anhörung zur Frage der Patentfreigabe teilgenommen. Unter den geladenen Sachverständigen gab es sehr unterschiedliche Ansichten dazu, die ich Ihnen nachfolgend kurz darstellen möchte.
Ein Vertreter der Welthandelsorganisation WTO sagte während der Sitzung, die jüngste Vergangenheit habe gezeigt, dass es nicht ausreiche, auf Freiwilligkeit bei der Patentweitergabe zu setzen. Thomas Cueni von der International Federation of Pharmaceutical Manufacturers & Associations (IFPMA) befand hingegen ebenso wie Michael Bender, Leiter der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit beim Impfstoffhersteller Biontech, dass die Patentfrage nicht der limitierende Faktor bei der Impfstoffbeschaffung sei. Dieser sei vielmehr in den noch nicht ausreichenden Produktionskapazitäten zu sehen.
Elisabeth Massute, Vertreterin der Organisation Ärzte ohne Grenzen, begrüßte es, dass US-Präsident Joe Biden die Forderung nach Patentaussetzung für die Impfstoffe, aber auch für Diagnostika, Tests und Schutzausrüstungen, unterstütze. Prof. Dr. Metzger von der Humboldt Universität Berlin gab zu bedenken, dass im Falle einer weltweiten Freigabe der Patente auch in den USA, Großbritannien, Russland oder China die Patente beispielsweise deutscher Unternehmen wie Biontech genutzt werden könnten, ohne dass auf die Unternehmen zugegangen werden müsse.
Sie sehen: Wir sind zur Frage der Patentfreigabe weiter im Austausch, um hier eine nachhaltige Lösung zu finden. Gerade befinden wir uns im Austausch mit den derzeitigen Produzenten um einen zügigen Ausbau der Produktionskapazitäten. Dabei muss es meines Erachtens darum gehen mit Lizenzfreigaben und festen Abnahmeverträgen dafür zu sorgen, dass diese Impfstoffe in noch höherem Maße produziert und kostengünstig oder kostenlos an die entsprechenden Länder geht.
Uns ist klar, dass eine globale Pandemie nur global bekämpft werden kann. Die Abstimmungsprozesse sind hier oft sehr formal und langwierig, aber eben notwendig, um klare und beständige Lieferketten zu schaffen und den Ausbau der Produktionsstätten in ärmeren Ländern voranzubringen. Erste Ergebnisse liegen mit Zusage der Bundesregierung zur Bereitstellung von 30 Millionen Impfdosen für ärmere Länder bis zum Jahresende bereits vor, weitere sollen folgen. Dabei setzt sich insbesondere die SPD in ihrem Zukunftsprogramm für den Ausbau der öffentlichen Gesundheitssysteme in Entwicklungs- und Schwellenländern und für einen verbesserten Zugang zu Arzneimitteln und gesundheitlicher Bildung ein.
Mit freundlichem Gruß
Yasmin Fahimi