Frage an Yasmin Fahimi von Kristin F. bezüglich Menschenrechte
Wieso haben sie sich gegen eine Aufnahme gerade auch von besonders schutzbedürftig Geflüchteten entschieden? Die Abstimmung am 04. März hätte die Situation die jetzt vorherrscht vielleicht entschärfen können. Es ist ihre Aufgabe als Mitglied der regierenden Partei Menschenrechte zu wahren. Nach über fünf Jahren ohne große Aktion, ist es jetzt auf jeden Fall an der Zeit zu handeln. Und dazu gehört es, mehr als 150 minderjährige Flüchtlinge aufzunehmen. Es ist ein Anfang, aber auch Sie müssen einsehen, dass dies immer noch viel zu wenig ist. Jeder einzelner Mensch dort, hat das Recht auf eine Verwirklichung der Menschenrechte.
Wie würden Sie gerne behandelt werden, wenn Sie seit fast fünf Jahren in einem Zelt hausen würden, versuchen mit all den wahnsinnig schlimmen Erlebnissen Ihrer Vergangenheit klarzukommen und jetzt durch ein Feuer Ihnen alles was Sie noch als Ihren Besitz bezeichnen können genommen wurde?
Sehr geehrte Frau Floruß,
vielen Dank für Ihre Mail zur Situation in Moria auf der Insel Lesbos. Auch mich bewegen die schrecklichen Bilder und die unvorstellbare Lage der Menschen dort zutiefst. Die Zustände in den Aufnahmeeinrichtungen auf den griechischen Inseln sind seit langem unbestritten katastrophal und untragbar. Spätestens jedoch nach dem verheerenden Brand ist eine humanitäre Katastrophe ersten Ranges entstanden. Diese desolate Situation ist Europas unwürdig.
Ich teile Ihre Auffassung, dass das Lager Moria unmittelbar evakuiert werden muss. Bundesinnenminister Seehofer muss umgehend den Weg frei dafür machen, dass aufnahmebereite Bundesländer und aufnahmebereite Städte und Gemeinden sofort helfen können. Die Aussage von Herrn Seehofer, lediglich 150 Menschen aus dem Lager in Moria aufnehmen zu wollen, ist beschämend angesichts des Elends dort.
Mehrere Bundesländer haben schon erklärt, dass sie bereit sind, mehr Menschen aufzunehmen. Über 180 Städte und Gemeinden haben dies ebenfalls signalisiert. In Summe wären das bereits 4.000 bis 5.000 Menschen, denen wir ohne weiteres eine sichere Unterbringung anbieten könnten. Das ist meines Erachtens die relevante Zahl, an der wir uns orientieren sollten.
Die SPD-Bundestagsfraktion setzt sich mit Nachdruck dafür ein, dass auf jeden Fall mehr Menschen die Chance bekommen sollen, nach Deutschland zu kommen. In einem offenen Brief an die Bundeskanzlerin, den auch ich unterzeichnet habe, fordern SPD-Abgeordnete, endlich für menschenwürdige Bedingungen an unseren Außengrenzen zu sorgen, unserer gemeinsamen europäischen Verantwortung gerecht zu werden und vor allem jetzt schnell in der Not zu helfen.
Der Widerstand der Unionsparteien in diesen Fragen ist allerdings groß. Dennoch haben wir uns mit Erfolg dafür eingesetzt, dass unser Land einen eigenständigen Beitrag humanitärer Hilfe leistet und gleichzeitig die Solidarität der europäischen Gemeinschaft nicht aus der Pflicht entlässt.
Auf Initiative der SPD wird Deutschland nun auch einen weiteren Beitrag zur humanitären Hilfe leisten. In einem eigenständigen Kontingent nehmen wir zunächst weitere 1.553 geflüchtete Menschen von den griechischen Inseln auf. Es geht um Not leidende Kinder mit ihren Familien, die in Griechenland bereits als schutzbedürftig anerkannt wurden.
Unabhängig von der akuten Notlage ist es mittel- und langfristig dringend erforderlich, zu einer gesamteuropäischen Lösung zu kommen. Für eine grundsätzliche Veränderung brauchen wir eine Neuausrichtung der europäischen Flüchtlingspolitik hin zu einem gemeinsamen europäischen Asylsystem.
Deutschland ist bereits Teil einer Koalition der Menschlichkeit, der elf EU-Länder sowie Serbien und Norwegen angehören. In diesem Rahmen können und sollten wir unsere Zusagen aus dem Frühjahr erhöhen. Andere Länder bleiben weiter dazu aufgerufen, dies ebenfalls zu tun. Einen Grund, darauf zu warten gibt es nicht. Vielmehr ist die Notsituation ein ausreichender Grund, schnell zu helfen und als Vorbild voranzugehen.
In diesem Sinne verbleibe ich mit freundlichen Grüßen
Yasmin Fahimi