Frage an Xaver Fichtl von Melitta B. bezüglich Familie
Hallo, Herr Fichtl,
was verstehen Sie unter sozialversicherungspflichtiges Familiengehalt? Bekomme ich da auch eine Rente oder nicht? Bitte um kurze Antwort.
Gruß Melitta Borel
Sehr verehrte Frau Borel,
die ÖDP fordert für Eltern von Kleinkindern ein steuer- und sozialversicherungspflichtiges Erziehungsgehalt, ich gehe davon aus, dass Sie dieses Erziehungsgehalt meinen. Wie jedes Gehalt ist dieses selbstverständlich rentenwirksam. Dagegen ist das Elterngeld, das momentan günstigstenfalls 14 Monate gezahlt wird, kein Erziehungsgehalt, wie wir es fordern, sondern eine Lohnersatzleistung. Wenn ein Student ein Kind erzieht, bekommt er 300.- Euro im Monat, ein Rechtsanwalt oder Ingenieur bekommt bis zu 1800.- Euro. Ist das gerecht?
Soweit eine kurze Antwort. Das Thema ist mir jedoch so wichtig, dass ich ein paar Anmerkungen ergänzen möchte. Familienpolitik ist keine reine Arbeitsmarktpolitik, auch keine Gleichberechtigungspolitik oder Demographiepolitik, sondern viel mehr. Die dringenden Fragen lauten: Was sind die Bedingungen für eine kindgerechte Erziehung? Was wünschen Kinder, was wünschen Eltern? Was können wir verändern? In den ersten drei Jahren ist die Bindung wichtig. Das Kind sucht eigendynamisch nach einer Person, mit der es eine Bindung eingehen kann. Es braucht eine Person, die es „bemuttert“. Das „Windelnwickeln“ zum Beispiel ist von großer Wichtigkeit für die Entstehung der Empathiefähigkeit. Man muss das Baby „spiegeln", damit es genügend „Spiegelneuronen“ ausbilden kann.
Erziehung, Betreuung, Versorgung und Ausbildung von Kindern und Jugendlichen müssen in finanzieller Hinsicht von der ganzen Gesellschaft getragen werden, so wie die nachwachsende Generation die Versorgung und Betreuung der Generation der Ruheständler trägt. Wir wollen ein steuer- und sozialversicherungspflichtiges und damit rentenwirksames Erziehungsgehalt als angemessenes Einkommen für Eltern. Dadurch bekommen sie echte Wahlfreiheit, ob sie ihre Kinder ganz oder teilweise selbst zu Hause betreuen oder in Betreuungseinrichtungen (z. B. Krippe, Hort) mit Eigenbeteiligung (anteilige Abführung ihres Erziehungsgehalts) geben möchten. Heutige Eltern haben diese Wahlfreiheit nicht. Sie haben nur eine Wahl: entweder keine Kinder, nur berufliche Arbeit und ein gutes Einkommen, oder Kinder bei einem absolut ungerechten Lohnersatz und doppelter Belastung und dafür auch noch weniger Rente.
Und wenn jetzt noch jemand, sagt "Und wie soll das bezahlt werden?", dann schaue er sich die Studie "Erziehungsgehalt 2000 - Ein Weg zur Aufwertung der Erziehungsarbeit" an. Sie wurde vom DIW (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) in Berlin durchgerechnet. Es ist machbar, wenn Gleichberechtigung und Gerechtigkeit für Eltern politisch gewünscht wird.
Mit freundlichen Grüßen
Xaver Fichtl