Frage an Wolfram Günther von Lutz W. bezüglich Umwelt
Sehr geehrter Herr Günther,
die sächsische Landeregierung will in den nächsten Jahren den Flughafen Leipzig- Halle zu einem europäischen Frachtdrehkreuz ausbauen. Dafür sollen 500 Mio. € (siehe LVZ vom 5.6.19), u.a. aus dem Kohleausstiegsprogramm, investiert werden. Die vorbereitenden Erschließungsarbeiten haben bereits begonnen. Diese Erweiterungen führen zu einer Vervielfachung der Überflüge und des Emissions-, vor allem des CO2- Ausstoßes. im direkten Umfeld des Flughafens Leipzig- Halle. Betroffen davon auch das europäische Natur- und Vogelschutzgebiet „Leipziger Auenwald“ und andere Naturschutzgebiete. Die Planungsunterlagen dafür wurden am 11. Juli 2019 eingereicht, wie aus der folgenden Bekanntmachung der Landesdirektion Sachsen https://www.lds.sachsen.de/bekanntmachung/?ID=15482&art_param=612 ersichtlich ist.
Nach nicht mal 4 Wochen Bearbeitung hat die LDS entschieden, dass für ein Vorhaben dieser Dimension und Umweltauswirkung keine (!!!) Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist.
Meine Frage:
1. Wie kommentieren Sie diese Entscheidung?
2. Werden die GRÜNEN gegen diese Entscheidung klagen?
Mit freundlichen Grüßen
L. W.
Sehr geehrter Herr W.,
vielen Dank für Ihre Frage. Zunächst möchte ich festhalten, dass die Mittel des Kohleausstiegsprogramms in Maßnahmen fließen sollen, die direkt in den betroffenen Braunkohlerevieren, also der Lausitz und im Leipziger Südraum, neue wirtschaftliche Perspektiven schaffen sollen. Die Mittel aus dem Kohleausstiegsprogramm für eine Erweiterung des Flughafens zu verwenden, ist geradezu absurd. Ich halte diese Entscheidung für falsch.
Zugleich halte ich die äußerst schnelle Entscheidung des Landesdirektion für sehr überraschend. Ich habe die Entscheidung der LDS jetzt nochmal unter dem juristischen Aspekt gesichtet: Es ist zunächst einmal festzuhalten, dass die von der Landesdirektion getroffene Feststellung, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung in diesem konkreten Fall unterbleiben kann, nur die konkret beantragten baulichen Erweiterungen betrifft. Alle weitergehenden Pläne der Erweiterung sind davon nicht umfasst und werden bei Beantragung jeweils noch einzeln geprüft werden müssen.
In diesem konkreten Fall war eine allgemeine Vorprüfung deswegen angezeigt, weil der Flughafen Leipzig-Halle selbst UVP-pflichtig war. Bei der allgemeinen Vorprüfung wird anhand der in Anlage 3 zum UVPG aufgeführten Kriterien geschaut, ob davon welche betroffen sind. Wenn ja, ist eine UVP-Pflicht gegeben, wenn nicht, dann ist keine Umweltverträglichkeitsprüfung angezeigt. Die Kriterien haben alle einen Umweltbezug, z.B. wird danach gefragt, ob Fläche verbraucht wird, ob von dem Vorhaben besondere Risiken für die Umwelt ausgehen oder ob konkret Naturschutzgebiete etc. betroffen sind.
Bei dem Bau (nur) dieser konkret beantragten Anlagen wird dies wohl nicht in dem Maße der Fall sein, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung angezeigt ist. Die geprüften Anlagen dürften nur mittelbar Einfluss auf die Zahl der Überflüge und ähnliches haben. Ein anderer Fall tritt dann ein, wenn durch den Ausbau unmittelbar(!) mehr Start- und Landeanflüge möglich werden und schwere, laute Frachtflieger den Auwald überfliegen. Diese Maßnahmen müssen dann jedoch neu beantragten und geprüft werden. Hier ist dann allerdings mit einer UVP-Pflicht zu rechnen. Die genehmigten Vorhaben sind in diesem Kontext eher die dunklen Vorboten dessen, was da auf der Grundlage der bislang getroffenen Ausbauentscheidung von CDU und SPD noch kommt. So sehr wir diese politische Entscheidung für falsch halten, so haben politische Parteien in diesem Fall keine formale Klagebefugnis.
Was wir GRÜNE allerdings tun werden: Alle politische Hebel zu nutzen, die die Landespolitik hergibt: Die Möglichkeit eines Nachtflugverbotes, die Neuaufstellung der Fluglärmkommission und des Fluglärmbeauftragten als Interessensvertretung der Bevölkerung, die vom Lärm betroffen ist, die Einschränkung der Triebwerkprobeläufe unter freiem Himmel, die preisliche Spreizung der Landeentgelte mit Anreizen zur Lärmreduzierung, eine gleichmäßigere Bedienung der Nord-und Südbahn und eine wirksame Lärmobergrenze, die konsequent durchgesetzt wird.
Heute, 14. August, diskutieren Katrin Göring-Eckardt und unser Schkeuditzer Stadt- und Kreisrat Oliver Gossel und ich unter dem Titel „Nächte ohne Fluglärm – Wie lassen sich Wirtschaft, Umwelt und Gesundheit in Einklang bringen?“ im Kulturhaus Sonne in Schkeuditz zur Fluglärmproblematik. Sie sind ganz herzlich eingeladen!
Mit freundlichen Grüßen
Wolfram Günther