Frage an Wolfgang Zöller von Wolfgang B. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Zöller,
Bei den großen Debatten um mögliche Kosteneinsparungen im Gesundheitswesen und dem bereits erfolgten Griff in die Taschen des kleinen Mannes vermisse ich die Einbeziehung der Pharmaindustrie. Warum werden deren riesige Gewinne nicht beschnitten?
- Wie Sie sicher wissen, kann man Arzneimittel im europ. Ausland sehr viel billiger erwerben. Warum ?
-Ich bin seit 31 Jahren insulinpflichtiger Diabetiker. In dieser langen Zeit sind die Preise für alle Insuline kontinuierlich gestiegen.
-Seit einigen Jahren werden viele Insuline durch rekombinante DNS-Technologie hergestellt. Die Einführung dieser neuen Insuline war mit einer extremen Preissteigerung verbunden. Begründet wurde dies mit den enormen Forschungskosten. Aller- dings wurde uns Diabetikern in Aussicht gestellt, dass die Preise wieder sinken könnten, wenn sich diese Kosten amortisiert hätten. Auf diese Preissenkung warten wir bis heute vergeblich.
-Einen großen Kostenfaktor bei der intensivierten Diabetesthera- pie stellen die dafür benötigten Blutzuckerteststreifen dar. Ein eigenverantwortlich lebender Typ 1 Diabetiker braucht täglich 5 bis 7 Teststreifen. Ich bestelle meine Teststreifen seit längerem bei einer deutschen Versandapotheke, da ich sie dort um ein Drittel billiger erhalte als in meiner Hausapotheke.
- Aber wie sieht es mit Preisunterschieden zwischen den konkur-rierenden Anbietern aus ???
- Sie werden es nicht glauben: Die Preisdifferenz für 500 BZ-Teststreifen verschiedener Firmen bewegt sich im CENT-Bereich !!
-Riecht das nicht verdächtig nach Preisabsprachen, vergleichbar mit den Benzinpreisen ?
-Ich möchte Sie dringend bitten, Sparmaßnahmen nicht nur uns Bürgern aufzubürden, die wir uns nicht wehren können.
Viel Geld wäre sicher auch bei den Gewinnen der großen Pharmaunternehmen zu holen. Ist deren Lobby wirklich so stark, um dies bis jetzt erfolgreich zu verhindern ?
Sehr geehrter Herr Berberich,
vielen Dank für Ihre vielen Dank für Ihre Mail vom 13. April 2007, die mir von der Internetplattform "abgeordnetenwatch.de" zugeleitet wurde.
Sie sprechen verschiedene Fragen im Zusammenhang mit Arzneimitteln in Deutschland an.
Arzneimittel sind im Ausland nicht generell preiswerter als in Deutschland. Im Einzelfall kann ein Arzneimittel im Ausland billiger sein; es hängt aber sehr von der Art des Produktes und dem Land ab. Eine Studie des norwegischen Verbandes der Arzneimittelhersteller aus dem Jahr 2004 zeigt, dass die Preise der Hersteller in Deutschland im Durchschnitt etwa auf demselben Niveau liegen wie in den meisten europäischen Ländern, z. B. Dänemark, Finnland, Portugal, Österreich oder Schweden. Am teuersten sind Arzneimittel im europäischen Vergleich in der Schweiz, am billigsten in Griechenland. Für das unterschiedliche Preisniveau gibt es verschiedene Gründe. Allgemeine Faktoren wie das Lohnniveau oder die Höhe der allgemeinen Lebenshaltungskosten spielen bei den Arzneimittelpreisen in den unterschiedlichen Ländern eine Rolle. Zudem werden in manchen Ländern die Arzneimittelpreise staatlich reguliert oder bezuschusst.
In Deutschland regelt die Arzneimittelverordnung die Preisbildung von verschreibungspflichtigen Medikamenten. Grundlage dafür ist der Herstellerpreis, ergänzt durch Zuschläge für die Leistungen des pharmazeutischen Großhandels und der Apotheken. Direkte staatliche Interventionen auf die Preisbildung bei Arzneimitteln sind also nicht möglich. Die Hersteller unterliegen selbstverständlich dem Wirtschafts- und insbesondere dem Kartellrecht. Das Bundeskartellamt sowie die Generaldirektion Wettbewerb der Europäischen Kommission wachen über die Einhaltung der einschlägigen Normen. Verbotene Preisabsprachen ziehen in der Regel hohe Geldbußen nach sich.
Welche Arzneimittel in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufgenommen werden, entscheidet der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA). Er ist das oberste Beschlussgremium der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte, Zahnärzte, Psychotherapeuten, Krankenhäuser und Krankenkassen in Deutschland. An den Sitzungen des G-BA nehmen bis zu neun Patientenvertreter teil, die Antrags- und Mitberatungsrecht haben. Hier haben die Patienten eine Möglichkeit, ihre Belange in den Entscheidungsprozess einzubringen und diesen mitzugestalten.
Um den Kostenanstieg der Ausgaben für Arzneimittel in Deutschland zu bremsen, hat die Bundesregierung verschiedene Maßnahmen ergriffen.
Das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG), das am 1. Mai 2006 in Kraft getreten ist, schafft Anreize für mehr Wirtschaftlichkeit bei der Verordnung von Arzneimitteln. Es enthält verschiedene Regelungen zur Kostendämpfung im Arzneimittelbereich. So tritt etwa mit dem AVWG ein auf 2 Jahre befristeter Preisstopp für Arzneimittel in Kraft. Das Bonus-Malus-System soll Ärzte anhalten, bei gleichbleibender Versorgungsqualität das Preis-Leistungs-Verhältnis eines Arzneimittels stärker als bisher zu berücksichtigen. Dabei werden von der Selbstverwaltung, also den Krankenkassen und den kassenärztlichen Vereinigungen, vertragliche Zielvereinbarungen getroffen, die festlegen, wie hoch die Durchschnittskosten pro Tagesdosis bei bestimmten, häufig verordneten, Wirkstoffen oder -gruppen sein sollen. Werden diese Zielvereinbarungen überschritten, können die Krankenkassen vom Arzt einen finanziellen Ausgleich (Malus) verlangen. Verordnen die Ärzte günstiger, erhalten die betreffenden Kassenärztlichen Vereinigungen einen Bonus. Darüber hinaus sieht das AVWG die Möglichkeit vor, dass die Krankenkassen mit den Herstellern, deren Arzneimittelpreise über den Festbeträgen liegen, Rabattverträge mit dem Inhalt, die Preise für diese Produkte auf die Festbeträge zu senken, abschließen können. So können die Kassen ihren Mitgliedern auch diese Arzneimittel ohne Mehrkosten verfügbar machen.
Nach Angaben der Apothekerverbände stiegen die Arzneimittelausgaben im Jahr 2006 lediglich um 1,3 Prozent, eine Folge des AVWG. Während noch vor Inkrafttreten dieses Gesetzes - also im ersten Quartal des Jahres 2006 - die Arzneimittelausgaben nahezu unbegrenzt stiegen, hat sich der Ausgabenanstieg danach sehr deutlich abgeflacht.
Eine vollständige Übersicht und weitere Einzelheiten zum AVWG können Sie im Internet unter
http://www.die-gesundheitsreform.de/glossar/pdf/avwg_glossar.pdf abrufen.
Mit freundlichen Grüßen
gez. Wolfgang Zöller, MdB