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Frage von Lothar von den B. •

Frage an Wolfgang Wodarg von Lothar von den B. bezüglich Finanzen

Sie schreiben der Markt habe "auf der ganzen Linie versagt". Wie erklären Sie sich dann, dass hier in Deutschland ausgerechnet die nicht den Marktgesetzen unterworfenen öffentlichen Banken um Hilfe bitten? Muss man daraus nicht folgern, dass man diese besser privatisiert, am besten mit einer höheren Eigenkapitalausstattung, um dem Steuerzahler Belastungen durch zukünftige Rettungsaktionen zu ersparen?

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Antwort von
dieBasis

Sehr geehrter Herr von den Brincken,

für Ihre Frage bin ich Ihnen sehr dankbar, zeigt sie doch, dass im Bereich der Öffentlichen Banken noch viel Aufklärungsarbeit zu leisten ist. Ich möchte in aller Kürze – ohne auf technische Einzelheiten einzugehen - nur auf die in Ihrer Frage enthaltenen zwei Hauptprobleme eingehen.

Einmal ist die Rolle, die die Politik bei den „Öffentlichen Banken“ spielt ambivalent und reformbedürftig. Wie Sie wissen, sitzen in den Aufsichtsräten Politiker mit und ohne Sachverstand, mit und ohne Eigeninteressen. Dies kann positive aber auch negative Auswirkungen haben. In der letzten Zeit haben eindeutig die Nachteile überwogen, wie die Milliardenlöcher beispielsweise bei den verschiedenen Landesbanken zeigen. Dies hat viel mit Klientelsystemen zu tun, und auch damit, dass die Kontrollfunktion der Aufsichtsräte nicht immer zum Wohl der Allgemeinheit bzw. der Steuerzahler ausgeübt wurde.

Außerdem: Öffentlichen Banken ist es gesetzlich untersagt „Spekulationsgeschäfte“ zu tätigen; was sie aber nicht hindert, Tochterfirmen (vor allem im Ausland ) zu besitzen. Es waren gerade diese ausländischen Tochterfirmen, die mit „Zockerei“ Riesenlöcher in die Bilanzen der verschiedenen Öffentlichen Banken gerissen haben. Wie gesagt, in diesem Bereich ist entschiedene Reformarbeit zu leisten und sind Gesetzeslücken zu schließen.

Das andere Problem betrifft den „Markt“. Vorab: Ich glaube nicht,
dass Öffentliche Banken schlechter funktionieren müssen als
Privatbanken. Das Gegenteil hat sich in der Vergangenheit ja häufig
gezeigt. Was jedoch unsere Öffentlichen Banken angeht, so muss man
folgendes wissen. Es war gerade das private Bankgewerbe, das mit
massiven Vorstößen die Krisenfestigkeit der Öffentlichen Banken
untergraben hat.

Die Landesbanken haben seit den siebziger Jahren zunehmend auf
eigene Rechnung Kredite an ihre Kundschaft vergeben. Diese wurden
aber nicht immer vornehmlich für strukturpolitische Ziele gewährt.
Da diese Kreditvergabe aber den gleichen Grundsätzen des
Kreditwesengesetzes unterliegt wie die Kreditvergabe des privaten
Bankensektors, die Eigenkapitalquote jedoch –anders als bei
Privatbanken- jeweils durch Mittelzuweisungen aus dem Haushalt der
Bundesländer verbessert bzw. gesichert wurde, beklagten die privaten
Banken „Wettbewerbsverzerrung“.

In den Ratings beispielsweise lagen sie regelmäßig hinter den „Öffentlichen Banken“. Vereinfacht unterstellten die „Privaten“, dass der Gegenseite durch die öffentliche Sicherung (die Rechtsinstitute „Anstaltslast“ und „Gewährträgerhaftung“) Vorteile zu ihren Lasten erwachsen würden. Diese erhöhte Sicherheit bei den jeweiligen Sparkassen und Landesbanken würde regelmäßig bei den Kunden zu einer äußerst positiven Beurteilung der Kreditwürdigkeit dieser Bankengruppe am Kapitalmarkt führen.

Als Beweis wurden die ausgesprochen guten langfristigen Ratings der Landesbanken herangezogen. Daraufhin klagte der private Bankensektor wegen „Wettbewerbsverzerrung“ auf europäischer Ebene und bekam Recht: Am 17.Juli 2001 kam es zu einer „Verständigung“ zwischen der Europäischen Kommission und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland. Diese sah vor, dass nach einer Übergangsfrist (bis 2005) die „Anstaltslast“ ersetzt und die „Gewährträgerhaftung“ für Sparkassen und Landesbanken abgeschafft wird. Dies hatte u.a. zur Folge, dass a) die nun entstandenen erhöhten Refinanzierungskosten auch zu einer Verteuerung der herausgelegten Kredite führten, b) der Marktanteil der Sparkassen und Landesbanken zugunsten der „Privaten“ sank und c) es zu einer zunehmenden Risiko-Rendite-Orientierung im Kreditgeschäft auch bei den „Öffentlichen“ kam.

Die weiteren Folgen sind Ihnen durch die jüngsten Ereignisse bekannt. Es war also nicht zuletzt eine politische Entscheidung, die zur bewussten Schwächung der Öffentlichen Banken zugunsten der Privaten geführt hat und die somit eine der Hauptursachen dafür ist, dass in Deutschland die Finanzmarktkrise den Öffentlichen mehr als den Privaten Sektor „gebeutelt“ hat.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Wodarg MdB (SPD)