Frage an Wolfgang Wodarg von Helge R. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Herr Dr. Wodarg,
ich hätte gerne gewusst, wie Sie zu den sogenannten Online-Durchsuchungen stehen ("Bundestrojaner"). Es wäre sinnvoll, dass sich die Abgeordneten des Deutschen Bundestages sich mit dem FBI-Trojaner IPAV beschäftigen würden. Dieser übermittelt keine Kommunikations- oder Datei-Inhalte an die Server der Polizei. Im Vergleich zur geplanten Online-Durchsuchung dient die behördliche Spyware beim FBI lediglich zur feststellung der Benutzer- und IP-Daten.
Warum das in unserer Demokratie anders sein sollte, erschließt sich mir nicht. Ich persönlich bin generell gegen diese Maßnahmen.
Mit freundlichen Grüßen
Helge Röhe
Sehr geehrter Herr Röhe,
auch ich bin generell gegen verdeckte Online-Durchsuchungen. Ich schließe mich darin dem Urteil des Bundesgerichtshofes an, der feststellte, dass "die heimliche Durchsuchung der im Computer gespeicherten Daten [...] nach der StPO unzulässig" ist. Der sogenannte Bundestrojaner (Remote Forensic Software, RFS) kann zwar eine gute Methode sein, den einen oder anderen Kriminellen zu erwischen; der Schaden jedoch der damit angerichtet würde, rechtfertigt nicht diese Einschränkung der Grundrechte.
Wenn nachgewiesen werden könnte - was noch aussteht -, dass in der Bundesrepublik man mit Trojanern sicherer leben würde, bin ich auch wie Sie der Meinung, dass man sich dann mit dem IPAV (Trojaner des FBI) beschäftigten sollte, da er weit weniger Eingriffe in die geschütze Privatsphäre ermöglichen würde.
Gegenwärtig ist die Debatte um verdeckte Online-Durchsuchungen noch nicht abgeschlossen. Ich warte darauf, wie die Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen entschieden wird. Daraus ergeben sich möglichweise neue Erkenntnisse, wie diese Problematik zu regeln ist.
Außerdem bin ich strikt gegen die im § 20 des Entwurfes für einen neues BKA-Gesetz vorgesehene Möglichkeit eines Einsatzes der Online-Durchsuchung ohne richterliche Anordnung.
Ich kann Ihnen versichern, dass ich die zukünftige Entwicklung genauestens beobachten werde und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Wodarg