Frage an Wolfgang Wodarg von Andreas B. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Sehr geehrter Dr. Wodarg,
ich danke für Ihre schnelle Antwort!
Natürlich begrüße ich wie Sie jede Form quantitativer Abrüstung - aber finde auch qualitative Abrüstung ziemlich gut. Ich bin als ehem. Zivi kein Waffenexperte aber stelle mir vor, dass dem Frieden in der Welt nicht dadurch gedient ist, wenn beispielsweise 5 alte Schnellboote verschrottet und dafür 4 hochmoderne neu angeschafft werden.
Ein klassisches Beispiel, dass die zukünftig von der Europäischen Verteidigungsagentur (EVA - wer sitzt drin und wer kontrolliert diese?) zu entwickelnden "Maßnahmen zur Stärkung der industriellen und technologischen Basis des Verteidigungssektors" (Art. 28a Abs. 3) konfliktträchtig sind, sehe ich in den Streubomben und Minen, die vor allem Zivilisten jeden Alters und Geschlechts töten oder verstümmeln. Einige EU-Staaten lehnen diese ab (z.B. Österreich), die meisten anderen können sich zur "quantitativen Abrüstung" noch nicht so recht entscheiden (ein Schelm, wer da an Waffenlobbys denkt!). Was passiert denn, wenn die EVA den Österreichern die Wiederanschaffung solcher Terrorwaffen vorschreiben will? Können die das folgenlos ignorieren? Wenn ja, warum brauchen wir dann eine aus Steuergeldern finanzierte EVA?
Ihre negativ klingende Umschreibung eines "eklatanten Ungleichgewichts" bedeutet für mich, dass es EU-Staaten gibt, die freiwillig oder aus Finanznot anderen Politikfeldern (zB Bildung) höhere Priorität als der Rüstung eingeräumt haben. Das finde ich sehr fortschrittlich! Warum sollten die anderen EU-Staaten mit ihrem steinzeitlichen Aufrüstungsdrang diese friedliebenden Völker in ein waffentechnologisches "Gleichgewicht" bringen?
Auf die Gefahr hin, mich zu wiederholen: Ich halte dieses Vertragswerk für sehr überarbeitungsbedürftig und wünsche mir ein europaweites demokratisches Referendum hierzu! Und Sie?
Danke für eine zweite Antwort!
Mit besten Grüßen,
Andreas Beck
Sehr geehrter Herr Beck,
Es ist sehr beruhigend, dass der Parlamentsvorbehalt in Deutschland sowohl bei allen Bundeswehr-Einsätzen als auch für Haushaltsentscheidungen nicht außer Kraft gesetzt wird. Ich setze mich dafür ein, dass auch auf EU-Ebene die parlamentarische Kontrolle verstärkt wird und in Sicherheitsfragen wie bei uns in Deutschland umfassend greift. Nationale Unterschiede bei der Bewertung einzelner Waffensysteme zeigen sich derzeit in der EU bereits sehr deutlich in Bezug auf der Unterstützung des US-Raketenabwehrsystem (Raketenschild) durch einzelne Mitgliedstaaten.
Ihre große Hoffnung auf Referenden als Allheilmittel teile ich keinesfalls, weiß ich doch um die Möglichkeiten der Einflußnahme der in Europa keineswegs unabhängigen Massenmedien.
Eine Stärkung der parlamentarischen Entscheidungsprozesse erscheint mit der sichere Weg zu sein.
Mit freundlichen Grüßen,
Dr. Wolfgang Wodarg, MdB
Ihr Abgeordneter für den Wahlkreis 1 Flensburg/Schleswig