Frage an Wolfgang Wodarg von Helmut E. bezüglich Soziale Sicherung
Sehr geehrte /r Kandidat/in,
Wie stehen Sie zur Stasiopferrente? Sollte es für die Opfer der DDR Diktatur eine angemessene Rente für ihr erlittenes Leid in der DDR geben?
Derzeitig erhalten viele der früheren Opfer der DDR Diktatur Harzt IV- oder Sozialhilfeunterstützung. Dagegen bekommen ihre früheren Peiniger gute Staatsrenten.
Viele hohe “Nomenklatura Kader” der früheren SED genießen hohe Renten. Sie waren verantwortlich für den täglichen Terror in der DDR.
Ich halte es für ein Armutszeugnis unseres “freiheitlich demokratischen Rechtsstaates” wenn dieser Staat die früheren Täter belohnt und die einstigen Opfer der DDR- Justiz am Rande des Existenzminimums leben lässt.
Alle Politiker, welche am 17. Juni und im Bendlerblock lautstark ihre Sonntagsreden halten, sind mehr als unglaubwürdig, solange die Opfer der DDR Diktatur keinerlei Opferrente erhalten.
Mit freundlichen Gruß
H. Eckert
Sehr geehrter Herr Eckert,
zunächst möchte ich Ihnen für Ihre Anfrage danken. Ich bin kein Experte für rentenrechtliche Fragen, allerdings habe ich mich bei meinen Kolleginnen und Kollegen über den Sachverhalt informiert und möchte wie folgt Stellung beziehen:
Die Frage der Regelung zur Rehabilitierung und Entschädigung für die SED-Opfer wurde von dem Bundesjustizministerium, dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung sowie dem Bundesfinanzministerium in der Vergangenheit gründlich geprüft. Die Bundesministerien sehen übereinstimmend keinen gesetzlichen Handlungsspielraum zur Gewährung einer Opferrente. Der Gesetzgeber hat sich bei den Regelungen zur Rehabilitierung und Entschädigung für die SED-Opfer von vornherein und grundsätzlich für nachstehendes Regelungssystem entschieden:
Befreiung der Opfer vom Makel persönlicher Diskriminierung durch Rehabilitierung (Aufhebung politischer Strafurteile oder anderer Entscheidungen mit Verfolgungshintergrund der DDR-Organe und Feststellung deren Rechtswidrigkeit);
Gewährung sozialer Ausgleichsleistungen (Kapitalentschädigung, Unterstützungsleistungen, Beschädigtenversorgung, Hinterbliebenenversorgung.
Daraus können für die Betroffenen weitere Folgeansprüche in entsprechender Anwendung des Bundesversorgungsgesetzes, nach dem Vermögensgesetz, dem Entschädigungsgesetz oder dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz erwachsen. Pauschalentschädigungen in Form einer Ehrenpension bzw. Opferrente waren in den parlamentarischen Beratungen zu den Rehabilitierungsgesetzen weder von der damaligen Bundesregierung vorgeschlagen noch von den Fraktionen erwogen worden. Diese Entscheidung beruht auch darauf, dass die bundesdeutsche Entschädigungsgesetzgebung für die Verfolgung unter der NS-Gewaltherrschaft keine rentenrechtlichen Anwartschaften, sondern Leistungen nach dem Bundesentschädigungsgesetz vorsieht. Der Gesetzgeber hatte bei der Gesetzgebung für die SED-Opfer auf diese Rechtslage zu achten, um eine Ungleichbehandlung von Opfergruppen weitestgehend zu vermeiden, die sachlich und moralisch nicht zu rechtfertigen wäre.
Ich möchte an dieser Stelle an die Verbesserung der Situation der Opfer von SED-Verfolgung durch das Zweite Gesetz zur Verbesserung der rehabilitierungsrechtlichen Vorschriften für Opfer politischer Verfolgung in der ehemaligen DDR erinnern, in dem die Kapitalentschädigung nach dem strafrechtlichen Rehabilitierungsgesetz für ehemalige politische Häftlinge auf einheitlich 600 DM pro Haftmonat erhöht worden ist. Hinzu kommt, dass bei dieser Regelung auch die Angehörigen einen Rechtsanspruch auf Leistungen der Stiftung für ehemalige politische Häftlinge haben, ohne dass auf die jeweilige wirtschaftliche Situation des Einzelnen abgestellt wird.
Ebenfalls in Erinnerung rufen möchte ich hier das Zweite Gesetz zur Änderung der Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes, in dem der rentenrechtliche Nachteilsausgleich im beruflichen Rehabilitierungsrecht verbessert worden ist. Die Neuregelung stellt sicher, dass der Versicherte nun mindestens die Rente erhält, die er bei Weiterführung seiner beruflichen Tätigkeit in der Verfolgungszeit ohne die Verfolgung erreicht hätte. Ergänzend zur bisherigen Regel, nach welcher der rentenrechtliche Nachteil bis zum branchenspezifischen Durchschnittsverdienst in einzelnen Produktionsbereichen ausgeglichen wird, bringt die Neuregelung Verbesserungen für diejenigen, die aufgrund ihrer besonderen beruflichen Qualifikation auch in der DDR überdurchschnittlich verdient hätten, wenn sie nicht politisch verfolgt worden wären.
Die Einführung einer Opferpension würde also gerechterweise auch eine grundlegende Novellierung der Entschädigungsregelungen für die Opfer des NS-Regimes bedingen. Vor dem Hintergrund der seit Ende der NS-Diktatur verstrichenen Zeit und unter Beachtung der offensichtlichen Auswirkungen auf den Gesamtkomplex der Entschädigungsleistungen kann ich mich daher einer derartigen Forderung nicht anschließen.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr Dr. Wolfgang Wodarg, MdB