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Frage von Rainer Dr. med. R. •

Frage an Wolfgang Wodarg von Rainer Dr. med. R. bezüglich Gesundheit

Hallo Wolfgang,

Dein Engagement für eine Einheitsversicherung habe ich mit Interesse gelesen, auch Deine Befürchtungen hinsichtlich einer möglichen Insolvenz der Kassen. Nur schreibst Du nicht, welche Auswirkungen eine insolvente Kassen konkret für den Versicherten hat.
Indirekt kann es vielleicht Auswirkungen haben , insofern der behandelnde Arzt als Gläubiger eines Forderungsausfalls ebenfalls in die Insolvenz gerissen wird. Denn erst sterben die Praxen, dann die Patienten. Kassen können bekanntlich nicht heilen, das machen wir Ärzte.
Deine Sorgen um die Kassen halte ich also für gelinde gesagt nachrangig.
Oder vertraust Du auf die schnelle Errichtung Medizinischer Versorgungszentren an von börsennotierten Groß-Investoren wie Rhön-Klinik und Asklepios übernommenen ehemaligen kommunalen Kliniken? Mit dann weisungsgebundenen Ärzten deren profitoptimierte Arbeitsweise eine Wertschöpfung in Gang setzt, das dem armen deutschen Gesundheitswesen noch heiße Zeiten bevorstehen?

Nimmst Du es Deinem Genossen Prof. Lauterbach ab, das er keinen Interessenkonflikt hat, wenn er gleichzeitig im Aufsichtsrat der Rhön-Klinik (25% Anteil Bertelsmann) und im Gesundheitsausschuß des Bundestags sitzt?

Hältst Du es wie Deine Genossin Schmidt für vordringlich, "die Ideologie der Freiberuflichkeit der Ärzte" zu zerschlagen? Obwohl 82% der Bevölkerung mit dem gegenwärtigen Gesundheitssystem und seinen niedergelassenen Ärzten zufrieden sind?

Ist es demokratisch, Gesetze gegen die Meinung der Bevölkerung zu beschließen? Erklären sich so vielleicht Massenaustritte aus den "Volksparteien"und niedere Wahlbeteiligung?
Die sog. Volksparteien verlieren ihre Milieus, sind weder sozial noch demokratisch. Der Abgeordnete riskiert heimatlos zu werden.

Tja so trennten sich die Wege: Du Amtsarzt, ich Landarzt.
Armer Patient, wenn der abhängige freizeitorientierte den freien leistungsorientierten Arzt ersetzen soll.

Grüße vom Land
Rainer Reiß

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Antwort von
dieBasis

Sehr geehrter Herr Kollege Reis, Hallo Rainer ,

bei der späten Durchsicht meiner Abgeordnetenwatch-Seite ist mir aufgefallen, dass ich auch Deine Fragen noch nicht beantwortet habe.

Deine Polarisierung zwischen abhängigem, freizeitorientierten und freiem, leistungsorientierten Arzt könnte ich in ihrer Klischeehaftigkeit noch übertreffen, wenn ich dem an möglichst vielen Patienten interessierten Kollegen einen an möglichst vielen Gesunden interessierten Arzt gegenüberstellen würde. Ich gehe jedoch davon aus, dass auch Dein Vergleich nicht ernst gemeint sein konnte.

Die Insolvenz- und Haftungsregelungen sind inzwischen ausgehandelt und die Pflichten der überlebenden Kassen und ihrer Verbände so geregelt, dass Kassenärzte dadurch keinen Schaden nehmen können.

Über Fond oder Nicht-Fond kannst Du auf meiner Homepage http://www.wodarg.de unter dem Menupunkt Themenfelder/Gesundheit alles Relevante nachlesen. (Siehe auch die Powerpoint Darstellung zum Downloaden: ( http://www.wodarg.de/politikfelder/gesundheit/787418.html ). Um den Versorgungskonzernen zuvorzukommen, sollten wir kommunale MVZ z.B. als GmbHs mit den Kassen vereinbaren, in welche Du mit weiteren Allgemeinmedizinern dann Deine Praxis als gut verdienender Gesellschafter einbringen könntest und mit dem von der Kommune dazugesteuerten Pflegezentrum eine integrierte Basisversorgung organisieren könntest. Mir wäre ein leistungsorientiertes Modell dieser Art lieber als abgewickelte Kassenpraxen in der Hand einer Aktiengesellschaft.

Auch die Kassen müssten eigentlich ein Interesse an einer so dem Bürger sehr viel dichter und transparenter zur Seite stehenden Einrichtung haben, als an einer lediglich am Shareholderprofit gemessenen AG, die natürlich wirtschaftlich gezwungen ist alles zu tun, um mit möglichst vielen Kranken immer in stationären und ambulanten Einrichtungen unter Vollast zu fahren. Es macht mir Freude, mit meinem Kollegen Lauterbach zusammenzuarbeiten, auch wenn wir über den Kassenwettbewerb noch (?) unterschiedliche Vorstellungen haben. Meine „Genossin Schmidt“ will nichts „zerschlagen“ sondern versucht in einer belastenden Koalition, neue Versorgungsformen und bessere Integration zu ermöglichen ohne die Selbstverwaltung auf beiden Seiten aus ihrer Verantwortung zu entlassen. Wenn Du die Meinung der Bevölkerung zu kennen glaubst, solltest du dich nicht weiter über die Politik ärgern sondern Deine Kenntnisse nutzen sie aktiv in die Politik einzubringen!

Es war schön einmal von Dir gehört zu haben – wenn auch etwas umständlich.

Mit freundlichen Grüssen

Wolfgang Wodarg