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Frage von Christian S. •

Frage an Wolfgang Wodarg von Christian S. bezüglich Umwelt

Sehr geehrter Herr Dr. Wordag!
Ich komme aus Schafflund und habe einige Fragen zum CCS - verfahren.

Seit wann wissen Sie, dass die CO 2 Einlagerung in den Kreisen NF und Sl-Fl vorgesehen ist?
Warum beführwortet die SPD die CCS - Technologie?
Was wollen Sie unternehmen, um die CCS - Technologie zu stoppen?

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Antwort von
dieBasis

Sehr geehrter Herr Sest,

vielen Dank für die Frage. Das Thema CCS wird schon seit vielen Jahren diskutiert. Bereits weit vor dieser Legislaturperiode wurde wissenschaftlich an dieser Technologie geforscht.

Die ersten beiden Buchstaben der Abkürzung CCS stehen für die Abtrennung und das Auffangen von CO2 aus der Abluft, den Abgasen von Kraftwerken, Zementbrennereien und weitere Anlagen, der dritte Buchstabe für die Verbringung in meist unterirdische Lager.

Ich habe versucht, das von Ihnen gewünschte Datum zu erinnern und glaube, dass ich im April 2008 erstmals von den CCS Plänen gehört habe, und zwar von meiner Bundestagskollegin Bettina Hagedorn, die das Energie-Thema für die SPD- Landesgruppe bearbeitete. Im Ostholsteiner Anzeiger fand sich am 1.4.2008 darüber folgender Text:

Die SPD-Bundestagsabgeordnete Bettina Hagedorn kritisiert die Vorgehensweise von Wirtschaftsminister Dietrich Austermann zur möglichen Errichtung von unterirdischen CO2-Lagern in Ostholstein und Nordfriesland. Er handele intransparent und vorschnell. Eutin/Berlin/oha – „Es ist sicher kein Zufall, dass Herr Austermann so schnell auf entscheidende Weichenstellungen für CO2-Endlager in den beiden wichtigsten Tourismusregionen des Landes drängt”, erklärte Hagedorn. Dies hänge vielmehr damit zusammen, dass es noch kein fertiges Bundesgesetz zur CCS-Technik (Abspaltung von CO2) gibt. Diese „noch völlig unausgereifte und nicht einmal perspektivisch wirtschaftliche Technik” werde von RWE und Austermann ins Spiel gebracht, um die Akzeptanz in der Bevölkerung für neue, bisher nicht genehmigte Kohlekraftwerke in Kiel und Brunsbüttel „unter dem Deckmäntelchen des technischen Fortschritts mit angeblichem Öko-Touch” zu erreichen. „Entscheidungen solcher Tragweite übers Knie zu brechen, ist ganz sicher nicht im Interesse der Bürgerinnen und Bürger in Ost-holstein und Schleswig-Holstein”, so die SPD-Bundestagsabgeordnete. Anstatt sich für Kohlekraftwerke im Interesse der Energiemonopolisten zu engagieren, solle Austermann lieber bei E.on auf die Erdverkabelung der drei 110-KV-Trassen im Land drängen. „Regenerative, dezentrale Energieanlagen sind und bleiben in Schleswig-Holstein die volkswirtschaftlich und ökologisch vernünftigste Lösung für Bürger ebenso wie für Touristen.” Hagedorn betonte, dass die Bundesregierung bis Ende 2008 EU-Richtlinien zur Regelung der CCS-Technik abwarten will, bevor ein nationales Gesetz vorgelegt wird. „Man darf gespannt sein, ob dieser Zeitplan reibungslos klappt.”

Das Bundeskabinett hat den Entwurf eines CCS-Gesetzes als nationale Umsetzung der oben genannten EU-Richtlinie am 1. 4.2009 beschlossen (...war immer noch doch kein Aprilscherz!).

Als ich hörte, dass Messungen bei uns im Norden stattfinden sollten, dass RWE also Ernst machen wollte, habe ich mich gleich der sich gründenden Bürgerinitiative um Wulf Titz angeschlossen und den Protest in meine Partei und Fraktion getragen, bzw diesen dort verstärkt. Seit Jahren arbeite ich eng mit meinem MdB-Kollegen Prof. Dr. Herrmann Scheer zusammen und unterstütze seinen Kampf gegen die Kohle-Lobby und für eine Energiewende. Gleiches gilt für den Flensburger Energie-Fachmann Prof. Dr. Hohmeyer, der in Flensburg den Klima-Pakt initiiert hat und unsere Stadtwerke beim Umschalten von Kohle auf regenerative Brennstoffe unterstützt.

Die Aussage, dass die SPD die CCS-Technologie befürworte, ist falsch. Es gibt wohl regionale Gliederungen oder Einzelne, die der Kohle sehr nahe stehen und auch innerhalb der SPD, die CCS als Übergangstechnologie sehen. Allerdings ist zum Beispiel die gesamt Landesgruppe Schleswig-Holstein gegen diesen iRWEg und glücklicherweise konnten wir uns in der Diskussion durchsetzen. Auch beim Programmparteitag haben diejenigen sich durchgesetzt, die lediglich das CC und nicht das S unter starken Auflagen und als wissenschaftlich begleitetes Versuchsprojekt tolerieren würden. Auch das technisch abgespaltene CO2 sollte viel mehr der naturanalogen Photosynthese zugeführt werden.

Der beste CO2-Speicher ist ein Baum!

Wie Sie sicher der Presse entnommen haben, haben sich Ihre und meine Anstrengungen gelohnt: Das CO2-Endlager konnte vorerst verhindert werden. Die Landesgruppe Schleswig-Holstein hatte zu diesem Zweck eng mit den Fachpolitikern in der Fraktion zusammengearbeitet. Nachdem wir durch hohe Auflagen und Beschränkung der Technologie auf Versuchsvorhaben (keine Endlagerung!) die Verhandlungen in der Koalition auf ein risikoärmeres Gleis gebracht hatten, ist die Union, welche die Technologie lange Zeit vehement vorangetrieben hatte, letztlich durch den massiven Druck aus der Bevölkerung jetzt vor den Bundestagswahlen vor der Verwirklichung ihrer kohlefreundlichen Pläne zurückgeschreckt..

Ich habe mich von Beginn an persönlich in der Bürgerinitiative gegen das CO2-Endlager engagiert und werde auch in Zukunft dafür kämpfen, dass die CCS-Technologie nicht als Alibi benutzt werden kann, um weitere Kohlekraftwerke zu bauen.

In diesem Zusammenhang ist es zu begrüßen, dass in den letzten Wochen auch die Solarthermie in das vermehrte Interesse der Öffentlichkeit und der Politik gerückt ist. Eine schnelle Wende hin zur regenerativen Energie ist notwendig. Dabei sollten konsequente Kraft-Wärme-Kopplung, Energieeffizienz und Dezentralität zur Leitlinie einer stabilen auf regenerativen Quellen beruhenden Energieversorgung werden.

Der derzeitige Kurs der großen Energiekonzerne und deren Politik in der Vergangenheit zeugen nicht für ein aus eigenem Antrieb wachsendes Interesse an ökologischer Nachhaltigkeit. Diese wird jedoch Maßstab für zukünftige energiepolitische Weichenstellungen sein müssen, wenn wir wollen, dass es die Insel Föhr und andere schöne Küstenlandschaften in 50 Jahren noch gibt.

Die Energiewende muss schneller und konsequenter betrieben werden. Wir können uns die Mitnahme–Mentalität der Großkonzerne nicht leisten und sollten auch bei kommunalpolitischen Entscheidungen uns von ihnen nicht ködern lassen.

Mit freundlichen Grüßen,

Dr. Wolfgang Wodarg, MdB