Frage an Wolfgang Wodarg von Burkhard S. bezüglich Gesundheit
Sehr geehrter Herr Dr.Wodarg, Sie haben im November den §128 SGB V beschlossen, der am 01.April 2009 in Kraft trat. Dieser sollte die Korruption zwischen Hilfsmittelanbietern und Ärzten eindämmen. Bei der Anhörung am 06.05. im Gesundheitsausschuss wurde nun klar, dass massiv gegen den "Geist" dieses Paragrafen verstoßen wird. Teile der Krankenkassen (hier AOK-Schleswig-Holstein) schließen Verträge mit Anbietern der verkürzten Versorgung für Hörhilfen, bei denen das Inkasso für die sogenannten zusätzlichen ärztlichen Leistungen beim Hilfsmittellieferant liegt. In den Verträgen werden z.B. dem Arzt vertraglich handwerkliche Leistungen übertragen, die dem Urteil des BHG aus 2000 über die Zulässigkeit der verkürzten Versorgung komplett widersprechen. Es geht soweit, dass die AOK Rheinland-Pfalz Verträge mit Anbietern der verkürzten Versorgung abschließt, ohne diese pflichtgemäß nach §126 SGB V vorher zu veröffentlichen. Ich kann als Gesundheitshandwerker (Hörgeräteakustiker) nichts dagegen unternehmen, da der Gesetzgeber die Ahndung der Verstöße den Krankenkassen übertragen hat. Sehen Sie nicht auch als Abgeordneter der FDP-Fraktion und als Gesundheitsexperte einen dringenden gesetzlichen Handlungsbedarf? Sehen Sie als Abgeordneter den verkürzten Versorgungsweg für Hilfsmittel als sinnvoll an, obwohl bisher alle Stellungnahmen namhafter Verbände dagegen sprechen. Ich freue mich auf eine öffentliche Stellungnahme
Sehr geehrter Herr Strophal,
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 15. Juni. Gerne nehme ich zu den Schwierigkeiten des verkürzten Versorgungsweges Stellung und kann Ihnen gleich zu Beginn versichern, das das Problem in Ihrem Sinne gelöst wurde. Inzwischen sind die im § 128 enthaltenen Regelungen für die unzulässige Zusammenarbeit zwischen Leistungserbringern und Vertragsärzten im Rahmen der am 18. Juni verabschiedeten 15. AMG-Novelle verändert worden.
Danach werden künftig auch den Vertragsärzten gewährte Sachleistungen, zum Beispiel im Bereich der EDV, als unerlaubter wirtschaftlicher Vorteil behandelt. Sichergestellt ist nun auch, dass nur zusätzlich zur vertragsärztlichen Versorgung erbrachte Leistungen vergütet werden, um Doppelvergütungen auszuschließen. Weiterhin wurde die Mitwirkung von Leistungserbringern an der Abrechnung untersagt. Diese erfolgt bei Verordnungen im Rahmen des verkürzten Versorgungsweges nunmehr unmittelbar zwischen Krankenkasse und Vertragsarzt. Zudem müssen die Krankenkassen die Verordnungen jeweils prüfen und genehmigen, sowie die Genehmigung an die Versicherten versenden – einschließlich einer Information über andere Versorgungswege.
Ich gehe davon aus, dass die nun gefundenen gesetzlichen Regelungen – in Verbindung mit den ohnehin schon im § 128 SGB V enthaltenen und erst seit dem 01.04.2009 geltenden Vorschriften zur Unterbindung unzulässiger Praktiken – die von Ihnen geäußerten Befürchtungen ausräumen.
Die Versorgung mit Hörgeräten im Rahmen des sog. verkürzten Versorgungsweges hatte bislang selbst bei den Krankenkassen, die diesen Versorgungsweg anbieten, nur einen geringen Marktanteil von weit unter 10 %. GKV-weit liegt der Marktanteil sogar nur bei etwa 3 %. Somit werden weit über 90 % der Versorgung mit Hörgeräten über den traditionellen Versorgungsweg der Hörgeräteakustiker sichergestellt.
Daran hätten voraussichtlich auch die Verträge der Krankenkassen zur Umsetzung des seit dem 01.04.2009 geltenden § 128 SGB V nichts geändert. Zumal die Verträge im Fall von vdek und der Bundesknappschaft noch gar nicht zur Anwendung kamen. Die Verträge einiger Landes-AOK‘en gelten erst seit wenigen Wochen und kommen erst jetzt zur Anwendung. Ich gehe daher davon aus, dass die im Rahmen dieser Verträge erfolgten Verordnungen noch keine belastbaren Aussagen darüber zulassen, ob tatsächlich unerwünschte Praktiken oder nennenswerte Verschiebungen zwischen den Versorgungswegen zu verzeichnen sind. Hier wären nach etwas längerer Erfahrung mit der Vollzugspraxis des neuen § 128 und auf Grundlage einer breiteren Datenbasis zu Beginn der nächsten Legislaturperiode sicher zielgerichtetere Maßnahmen möglich gewesen.
Gleichwohl liegen mit Verabschiedung der 15. AMG-Novelle nunmehr umfassende Regelungen vor, die den traditionellen und überwiegend genutzten Versorgungsweg über die Hörgeräteakustiker in der von Ihnen vorgetragenen Weise absichern und Ihren Berufsstand sowie die bei Ihnen beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter schützen.
Ich möchte daher die Übermittlung dieser positiven Botschaft mit der herzlichen Bitte verbinden, sich als Leistungserbringer im Hilfsmittelbereich auch künftig für eine sachgerechte und preiswerte Versorgung mit Hörgeräten einzusetzen und mitzuhelfen, unnötig hohe Zuzahlungen für die Mitglieder der gesetzlichen Krankenversicherung zu vermeiden.
Eine kleine Anmerkung zum Schluss: Dass Sie mich als FDP-Politiker bezeichnet haben führe ich auf eine Unachtsamkeit Ihrerseits zurück. Und unter uns, bei meinen politischen Überzeugungen würde mich die FDP wahrscheinlich gar nicht in ihren Reihen haben wollen.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wodarg