Frage an Wolfgang Wodarg von Julian C. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen
Betreff: Änderung des Telemediengesetzes nach dem Gesetzentwurf des Bundeskabinetts vom 22.4.09
Sehr geehrter Herr Wodard,
ich möchte Sie um eine Stellungnahme zum geplanten Gesetzesentwurf bitten, der unter anderem von Mitgliedern der SPD mit entworfen und getragen wird. Ich habe, wie 60.000 andere BürgerInnen innerhalb kürzester Zeit, eine Online-Petition gegen den Entwurf gezeichnet.
Selbstverständlich bin ich für die strikte Verfolgung von Kindesmissbrauch und Kinderpornografie. Als Diplom-Informatiker mit dem nötigen technischen Hintergrund erscheint mir die versuchte Sperrung einschlägiger Webseiten auf Seiten der Zugangsprovider jedoch in der Sache wirkungslos, ja sogar potentiell kontraproduktiv.
Die Fachzeitschrift "c´t - Magazin für Computertechnik" ist da ähnlicher Ansicht, in Ausgabe 9/2009 ist dazu ein ausführlicher Artikel erschienen, der auch online einsehbar ist:
http://www.heise.de/ct/Die-Argumente-fuer-Kinderporno-Sperren-laufen-ins-Leere--/artikel/135867
In der aktuellen Form stellt das Gesetz meiner Meinung nach eine gefährliche und unverhältnismäßige Einschränkung des Grundrechts auf Informationsfreiheit dar. Das Bundeskriminalamt wird dazu ermächtigt, ohne richterliche Anordnung oder sonstige Gegenkontrolle Internetseiten auf eine geheime Sperrliste zu setzen. Widerspricht so ein Vorgehen nicht eindeutig der freiheitlich-demokratischen Grundordnung?
Bestürzt hat mich zudem das Vorhaben, den (versuchten) Zugriff auf gesperrte Seiten zu protokollieren und u.U. zu verfolgen. Wissen die Verantwortlichen eigentlich was sie da fordern? So könnte jeder, der von Dritten auf so eine Seite gelenkt wird unter Verdacht geraten.
Ich bin neugierig auf Ihre Meinung zu dem Thema.
mit freundlichen Grüßen,
Julian Carstensen
Sehr geehrter Herr Carstensen,
ja Sie haben Recht, die Pläne der Bundesfamilienministerin sind ein Angriff auf die Informationsfreiheit im Internet. Die vorgesehenen Mechanismen sind unsinnig und machen Tor und Tür für Missbrauch durch jene Instanzen auf, die auch das Parlament kaum kontrollieren kann.
Die SPD, gerade in Person der Justizministerin Brigitte Zypris, war von Begin an sehr skeptisch und hat die Pläne der Bundesfamilienministerin immer wieder kritisiert.
Wir haben in der Fraktion durchgesetzt, dass es am 27. Mai eine Anhörung zu dem Thema geben wird und ich bin inzwischen recht sicher, dass wir das Projekt stoppen werden.
Mit freundlichen Grüssen
Wolfgang Wodarg