Frage an Wolfgang Wieland von Corvin B. bezüglich Raumordnung, Bau- und Wohnungswesen
Sehr geehrter Herr Wolfgang Wieland,
mit Interesse habe ich die Frage von Frau Goerke zur Gestaltung des Bahnhofsumfeldes Gesundbrunnen und auch Ihre Antwort gelesen.
Als Anwohner in der Lehrter Straße entwickelt sich aus meiner Sicht ein ähnliches Problem rund um den neuen Hauptbahnhof. Es geht sogar noch soviel weiter, dass jetzt überhaupt keine Pläne oder Strategien, geschweige denn Aussagen zur Gestaltung getroffen werden. Damit meine ich die Entwicklung in der Lehrter Straße, nordwestlich vom neuen Hauptbahnhof in Berlin. Hier sollen gleich mehrere große Neubauvorhaben nach §34 BauGB (Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile) genehmigt werden. Nun kommt es aber so, dass durch die vielen Neubauvorhaben in der Lehrter Straße gar kein Zusammenhang mehr feststellbar ist sondern der Lehrter Kiez einen ganz anderen Charakter bekommt, weg vom Wohngebiet - hin zum Gewerbegebiet (Bahnhofsviertel).
Wie kann man den Bezirk jetzt dazu bringen, diese Entwicklung geordnet und idealerweise unter Beteiligung der Anwohner zu entwickeln?
Der Baustadtrat von Mitte weigert sich derzeit, einen Bebauungsplan aufzustellen. Aus meiner Sicht ist dies aber der falsche Weg, weil sich bei der jetzigen Planungspraxis (wer eine Baugenehmigung beantragt, bekommt auch eine) gar keine geordnete Entwicklung stattfinden kann.
Damit besteht aus meiner Sicht eine ähnliche Gefahr wie am Gesundbrunnencenter. Es entstehen hässliche Discounter-Würfel oder Hotelanlagen. Eine Abstimmung erfolgt nicht. Oder ist es gewollt, das gleich 8 neue Hotels und Berlins größtes Hostel mit ca. 850 Betten in einem Quartier entstehen? Über Gestaltungsfragen wie Fassaden oder die Höhe der Gebäude wird nicht diskutiert.
Die Chance hier eine sinnvolle, städtebaulich ansprechende Entwicklung stattfinden zu lassen wird vertan. Von Seiten der Politik vermisse ich hier den Impuls sich für ein ansprechendes Quartier rund um den neuen Hauptbahnhof einzusetzen.
Mit freundlichen Grüßen
Corvin Blanke
Sehr geehrter Herr Blanke,
die Größenordnung der Bauprojekte am Hauptbahnhof erfordert – da bin ich mit Ihnen einer Meinung – planvolles Handeln.
Es ist nachgerade ein Stück aus dem Tollhaus, wie schlecht die Planungen bezogen auf die verkehrliche Anbindung dieses neuen Hauptbahnhofes ( Straßenbahn, U-und S-Bahn), aber auch bezogen auf die Gestaltung der Quartiere in der Umgebung sind.
Das wird schon deutlich beim Umgang mit den Plänen, im Bereich der Stadtmission an der Ecker Lerther Straße/Seydlitzstraße ein Bürohaus zu erstellen. Die Bündnisgrünen in der BVV Mitte setzen sich aktiv für eine umfeldgerechte Gestaltung unter Einbeziehung der Anwohner ein. Das Bezirksamt kommt hier sehr mühsam in die Gänge.
Ähnliches gilt auch für die anderen Gegenden am Hauptbahnhof. Im Humboldthafen werden einzelne Grundstücke vergeben und Bauten genehmigt – allein einen Bebauungsplan gibt es noch nicht. Am Washingtonplatz entstehen wohl Hotels, aber außer den Ideen des Grundstückseigners sind noch keine konkreten Pläne bekannt. Sie haben natürlich Recht, wenn Sie den Bedarf für alleine acht Hotels in diesem Bereich anzweifeln.
Für den großen Bereich entlang der Heidestrasse gibt es einen Masterplan – der aber letztlich nur eine ungefähre Mischung aus Wohn-, Büro- und Gewerbeflächen vorsieht.
Ich halte das Vorgehen des Senates, der hier zuständig ist, für viel zu passiv. Nötig wären eine durchdachte Konzeption, detaillierte Bebauungspläne und frühzeitige, umfassende Bürgerbeteiligung. Nur so kann erreicht werden, dass es eine kohärente Entwicklung gibt, bei der soziale und architektonische Belange berücksichtigt werden. Die Abgeordneten von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus und in der BVV Mitte setzen sich für diese Ziele vehement ein. Denn es darf nicht dazu kommen, dass an einem so zentralen Ort in Mitte auf großer Fläche die soziale und architektonische Planung weiter hintan gestellt wird.
Mit freundlichen Grüßen
Wolfgang Wieland