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Frage von Siegfried S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Siegfried S. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble !

Im heutigen Spiegel werden Sie im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der Zensur im Internet mit folgenden Worten zitiert:

"Kinderpornographie ist abscheulich. Wir sollten mit vereinten Kräften dagegen vorgehen, anstatt mit juristischen Spitzfindigkeiten den Eindruck zu erwecken, unsere Verfassung schütze Kinderpornographie. Das ist absurd."

Ich kann nur eine Absurdität sehen: der Wille, das Internet zu zensieren, scheint bei Ihnen und vielen Ihrer Kolleginnen und Kollegen stärker zu sein als der Wille, gegen die Hersteller und Vertreiber von KiPo vorzugehen. Wie sonst ist es zu erklären, daß nach Presseberichten von den Servern, die auf der finnischen Sperrliste vom Januar 2008 (!) stehen, ein großer Teil in Deutschland zu finden ist, und davon wiederum ein großer Teil immer noch aktiv ist.

Wäre es nicht wesentlich sinnvoller und im Sinne des Schutzes der betroffenen Kinder das einzig Richtige, schon die Herstellung solcher Machwerke zu beenden, anstatt die dann immer noch vorhandenen Machwerke einfach "auszublenden" nach dem Motto: "was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß" ?

Ich sehe - mit vielen vielen anderen - die Gefahr, daß, sollte eine solche Zensur erst einmal etabliert sein, sofort der Wunsch aufkommen wird, andere den jeweils an der Macht Stehenden unliebsame Inhalte ebenfalls auf diesem Wege zu zensieren. Der Spiegel-Artikel führt ja schon einige Beispiele auf.

Glauben Sie wirklich, daß die geplante Zensur der richtige Weg ist?

Glauben Sie wirklich, daß eine solche Zensur vor dem Bundesverfassungsgericht Bestand hätte ?

Mit noch freundlichen Grüßen

S. Schlosser

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Sehr geehrter Herr Schlosser,

unter Zensur verstehe ich eine staatliche Beschränkung öffentlich geäußerter Meinungen in Presse, Funk und Fernsehen, aber auch im Bereich der Literatur, Kunst etc., die dazu dienen soll, das gesellschaftliche Leben in politischer, sittlicher oder religiöser Hinsicht zu kontrollieren. Die derzeit diskutierten Maßnahmen im Kampf gegen die Verbreitung kinderpornographischer Inhalte im Internet sind aber ausschließlich darauf reduziert, den Zugriff auf kinderpornographische und damit illegale Inhalte - deren Kenntnisnahme bereits eine Straftat darstellt -, zu erschweren. Mitnichten geht es darum, sämtliche Inhalte des Internet zu prüfen und dann gegebenenfalls zu kontrollieren. Mitnichten geht es also um Zensur.

Die geplanten Maßnahmen stellen einen wichtigen Beitrag gegen den sexuellen Missbrauch und die sexuelle Ausbeutung von Kindern dar. Leider werden alle Dienste des Internets für Darstellungen des sexuellen Missbrauchs und der Vermarktung von Kindern genutzt. Nutzer können unbeobachtet nach Bildern suchen und dabei alle weltweit verfügbaren Angebote nutzen. Dabei zeigt sich, dass die Zahl der Konsumenten kontinuierlich steigt. Bei der Besitzverschaffung von Kinderpornographie durch das Internet ist von 2006 auf 2007 ein Zuwachs von 111 % (von 2.936 auf 6.206 Fälle) zu verzeichnen. Überdies ist festzustellen, dass die Bilder im Internet zunehmend Gewaltausübungen gegen Kleinkinder oder sogar Kleinstkinder zeigen.

Ziel der geplanten Zugangserschwerung ist es, neben dem Schutz der Opfer und dem Schutz vor erneuter Viktimisierung auch den kommerziellen Massenmarkt für Kinderpornographie im Internet empfindlich zu stören und ein weiteres klares gesellschaftliches Signal zur Ächtung von Kinderpornographie zu setzen. Internetseiten, die den sexuellen Missbrauch von Kindern zeigen, dürfen nicht frei zugänglich sein. Die Erschwerung des Zugangs zu kinderpornografischen Inhalten im Internet hat vor allem präventiven Charakter. Maßnahmen gegen diejenigen, die kinderpornographische Bilder herstellen und/oder diese Inhalte im Internet einstellen werden mit unverminderter Intensität fortgeführt. Die geplante Zugriffserschwerung soll diese nicht ersetzen, sondern im Sinne einer ganzheitlichen Bekämpfung der Kinderpornographie ergänzen.

Eine Überprüfung der von Ihnen erwähnten finnischen Sperrliste hat im Übrigen ergeben, dass entgegen der hierzu vorliegenden Presseberichterstattung dort keine Server gelistet sind, auf denen in Deutschland Webseiten betrieben werden über die kinderpornographische Inhalte verbreitet werden.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble