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Frage von Jan van E. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Jan van E. bezüglich Gesellschaftspolitik, soziale Gruppen

Was halten Sie von der Idee des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung einen Grundrechtskontrollrat einzuführen um unser Grundgesetz vor verfassungswiedrigen Gesetzen zu schützen? Halten Sie solche Vorschläge für realistisch und umsetzbar? Ungefähre Pläne wie so ein Rat aussehen sollte können Sie sich unter folgendem Link anschauen: http://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=282&Itemid=55

Mit freundlichen Grüßen

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr van Esdonk,

in Artikel 20 Abs.2 des Grundgesetzes ist bestimmt, dass die vom Volk durch Wahlen vermittelte Staatsgewalt durch Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt wird. Im Gesetzgebungsverfahren auf Bundesebene bedeutet dieses System der Gewaltenteilung, dass die die Bundesregierung einen Gesetzentwurf vorbereitet, der Bundestag - ggf. mit Zustimmung des Bundesrates - das Gesetz beschließt und das Bundesverfassungsgericht über die Verfassungsmäßigkeit befindet, sofern es denn angerufen wird.

Aber schon jeder Gesetzentwurf der Bundesregierung wird vor seiner Einbringung in das Bundeskabinett auch einer eingehenden rechtlichen Überprüfung unterzogen. Ein zentraler Punkt dieser Prüfung ist die formelle und materielle Verfassungsmäßigkeit der geplanten Regelungen. Nach einer eigenen Prüfung des für die Erstellung des Entwurfs zuständigen Ressorts erfolgt die Beteiligung des Bundesministeriums des Innern sowie des Bundesministeriums der Justiz. Diese Ressorts nehmen eine eigenständige Überprüfung des Gesetzentwurfes auf seine Verfassungsmäßigkeit vor.

Insbesondere wären von einem "Grundrechtskontrollrat", keine zusätzlichen Erkenntnisse zu erwarten. Anders etwa als bei der Abschätzung der Bürokratieauswirkungen eines Gesetzes stehen bei der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit meist nicht tatsächliche, sondern komplexe Rechtsfragen im Vordergrund. Darüber hinaus birgt ein "Grundrechtskontrollrat" vielmehr das Risiko, dass mittels angeblich verfassungsrechtlicher Argumentationen allein rechtspolitische Forderungen aufgestellt werden, die von Verfassungs wegen eben nicht zwingend sind. Eine solche Praxis würde der Gewaltenteilung zuwiderlaufen.

Für den Fall, dass jemand Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit eines Gesetzes hegt, besteht die Möglichkeit, das Bundesverfassungsgericht anzurufen, das einzig am Maßstab unserer Verfassung prüft, ob das Gesetz hiermit vereinbar ist oder nicht. Das kann jeder tun, der sich durch das Gesetz in seinen Rechten verletzt fühlt: Verfassungsorgane und Gerichte im Wege der Normenkontrolle und jeder Einzelne mittels einer Verfassungsbeschwerde, wenn der normale Rechtsweg erschöpft ist. Dieses Rechtsschutzsystem hat sich sehr bewährt und es gibt keinen Grund hieran irgendetwas zu ändern.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble