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Frage von Markus G. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Markus G. bezüglich Innere Sicherheit

Sehr geehrter Herr Schäuble,

zum Entwurf des BKA-Gesetzes hätte ich doch die eine oder andere Frage und würde mich freuen, wenn Sie diese beantworten könnten.

§20c, (3) sagt aus, dass "der Betroffene zur Verweigerung der Auskunft berechtigt [ist]. Dies gilt nicht, soweit die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist."

Bedeutet dies, dass jemand, der verdächtigt wird, eine bestimmte Tat zu planen, kein Zeugnisverweigerungsrecht hat, wie es der §52 StPO vorsieht? Der entsprechende Paragraph macht offenbar keine Einschränkung in Bezug auf die Art der Tat. Dazu stünde der §20c BKAG ja im krassen Gegensatz. Der Entwurf sieht die Ausnahme nur für die "in § 53 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1,2 oder 4 der Strafprozessordnung genannte Person[en]" vor, nicht jedoch für direkt Beschuldigte.

Wenn meine Darstellung soweit korrekt ist und kein Denkfehler vorliegt, dann frage ich Sie, inwieweit gerade dieser geplante Paragraph des BKAG mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar ist, nach denen ein Beschuldigter sich nicht selbst belasten muss? Da das BKA ja nur eine ermittelnde Behörde ist, stellt sich zusätzlich die Frage, inwieweit ein Beschuldigter (der ja erstmal kein Täter sein muss) gezwungen werden kann, sich selbst zu belasten. Wieso muss der Beschuldigte dem BKA gegenüber eine selbstbelastende Aussage machen (wenn er des internationelen Terrorismus verdächtigt wird), wenn er diese Aussage vor Gericht verweigern könnte (gemäß §52 StPO)?

Darüberhinaus spricht § 4a Abs. 1 Satz 1 von Gefahren des internationalen Terrorismus. Müsste hier nicht der Begriff des Terrorismus definiert werden? Wie wird verhindert, dass jemand aufgrund einer bösartigen Denunzierung bspw. eines Nachbarn in die Mühlen gerät und dauerhafte Rufschädigungen bleiben?

Viele Grüße
Markus Gohl

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Gohl,

der von Ihnen vermutete Wertungswiderspruch zwischen § 20c Absatz 3 der Beschlussfassung zum BKAG und dem in § 55 der Strafprozessordnung festgeschriebenen Grundsatz, wonach niemand verpflichtet ist, sich selbst anzuklagen, besteht nicht.

§ 20c Abs. 3 Satz 1 BKAG legt zunächst fest, dass der Betroffene unter den in §§ 52 bis 55 StPO genannten Voraussetzungen zur Verweigerung der Auskunft berechtigt ist. Hiervon ist in § 20c Abs. 3 Satz 2 eine Ausnahme für die Fälle vorgesehen, in denen die Auskunft zur Abwehr einer Gefahr für höchstrangige Rechtsgüter, nämlich den Bestand oder die Sicherheit des Staates oder für Leib, Leben oder Freiheit einer Person erforderlich ist. Darin liegt jedoch kein Widerspruch zu dem genannten strafprozessualen Grundsatz. In § 20c Abs. 3 Satz 5 ist ausdrücklich festgeschrieben, dass all diejenigen Erkenntnisse die aus einer solchen Auskunft resultieren, ausschließlich zum Zweck der Gefahrenabwehr verwendet werden dürfen. Eine Verwendung zu Zwecken der Strafverfolgung ist damit gerade ausgeschlossen. Dem Betroffenen können daher aus seiner Aussage auch keine strafprozessualen Nachteile erwachsen.

Der in § 4a verwendete Begriff des internationalen Terrorismus entspricht der Formulierung aus Artikel 73 Abs. 1 Nr. 9a Grundgesetz. Der Terrorismusbegriff ist durch das internationalen und nationalen Normen zugrunde liegende Verständnis vorgeprägt, aber zugleich für künftige Entwicklungen offen. Dieser Begriff des Terrorismus wird insbesondere auch in den Regelungen des EU-Vertrags (Artikel 29 Abs. 2 und Artikel 31 Abs. 1 Buchstabe e) verwendet und im EU-Rahmenbeschluss vom 13. Juni 2002 näher beschrieben. Die dortige Definition greift das nationale Recht durch die terrorismusqualifizierenden Merkmale des § 129a Abs. 2 StGB auf.

Wie Sie auch hier sehen, wurde der Gesetzentwurf zur Änderung des BKAG mit großer Sorgfalt und unter Beachtung aller völker-, europa- und verfassungsrechtlicher Maßgaben erstellt.

Mit freundlichen Grüßen
Dr. Wolfgang Schäuble