Frage an Wolfgang Schäuble von Robert K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Minister,
leider hat nun auch der Telekom-Skandal ( wie zahlenreiche andere Fälle des Datenverlustes und Datenmißbrauchs im In- und Ausland in den letzten Monaten auch ) bereits alle Befürchtungen bestätigt, die von Datenschützern und engagierten Bürgern hinsichtlich der Sammlung von Daten über das Kommunikationsverhalten ( Telefon, Internet und email-Verkehr ) vorgetragen hat. Und gesammelt werden ja zusätzlich auch noch Daten über die Reisegewohnheiten ( über Pässe mit biometrischen Daten, bald sollen zusätzlich zu allen USA-Reisen auch Europareisen überwacht werden ), die Krankheitsdaten ( die Einführung der Gesundheitskarte ist beschlossen ), die Mautdaten, die einheitliche Steuernummer, die Bankdaten etc. etc. Hinzu kommen all die privatwirtschaftlichen Datensammlungen.
Daß wir Bürger keine Angst vor dem Überwachungsstaat ( es geht ja nicht nur um die von Ihnen veranlaßten Datensammlungen ) haben sollen, würde ich Sie freundlichst bitten, mir als Bürger und Wähler zu erklären.
Weder in staatlichen noch in privatwirtschaftlichen Datenspeichern sind die über uns gespeicherten Daten sicher vor dem Zugriff intelligenter und/oder krimineller Angriffe.
Das Argument, daß auch terroristische Aktivitäten hiermit besser überwacht werden könnten ( Verwendung finden sollen und vor allem "können" diese Daten aber auch für weit mehr als lediglich zur Aufklärung terroristischer Straftaten - das verunsichert gerade viele Bürger ) , kann ich schon verstehen, daß dafür alle Bürger unseres freiheitlich demokratischen Rechtsstaates allen möglichen Datenpannen ausgesetzt werden sollen, wie inzwischen fast täglich in den Medien berichtet wird, wird das einfach billigend in Kauf genommen ? ist das der Preis ?
Ich wünsche mir einen Innenminister, der meine bürgerlichen Grundrechte vor einer totalen Überwachung mindestens genauso verteidigt, wie das Recht des Staates auf Verfolgung terroristischer Straftäter.
mit freundlichem Gruß
Robert Kolb
Sehr geehrter Herr Kolb,
auch ich bin aufgrund der jüngsten Presseberichterstattung besorgt über die Einhaltung der datenschutzrechtlichen Vorgaben in Unternehmen der Telekommunikationsbranche.
Telekommunikationsdaten sind grundsätzlich hochsensibel. Sie sind nicht nur durch das Fernmeldegeheimnis sondern auch durch mehrere Strafvorschriften des Strafgesetzbuches geschützt. Der Bundesregierung ist daher in besonderem Maße daran gelegen, dass die Unternehmen, die solche sensiblen Kundendaten erheben, speichern und nutzen, das in sie gesetzte Vertrauen auch rechtfertigen.
Mein Staatssekretär im Bundesministerium des Innern, Herr Dr. Hans Bernhard Beus, hatte daher am 2. Juni 2008 Vertreter der Telekommunikationsbranche zu einem Gespräch eingeladen. Ziel des Treffens war es, mit den Beteiligten zu erörtern, wie die datenschutzrechtlichen Vorgaben derzeit in den Unternehmen umgesetzt werden und welche Maßnahmen ergriffen werden können, um das Vertrauen in die Datenschutzkonformität der Branche zu stärken bzw. wiederherzustellen.
Im Rahmen dieser Zusammenkunft haben die Beteiligten den folgenden mehrstufigen Prozess vereinbart:
In einem ersten Schritt wird die Deutsche Telekom den einschlägigen Arbeitskreisen der Branchenverbände Berichte zu den bei ihr - aufgrund der gegenwärtigen Erfahrungen - eingeführten neuen Sicherungsmaßnahmen vorlegen. Die Arbeitskreise werden diese Berichte dann auf ihre Übertragbarkeit auf die Verbandsunternehmen prüfen und bewerten.
In einem zweiten Schritt werden die beiden zuständigen Bundesbehörden - dieses sind die Bundesnetzagentur als Aufsichtsbehörde und das Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik - sowie der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit hinzugezogen.
In einem dritten Schritt sollen auf einem Folgetreffen im Bundesministerium des Innern in etwa einem Monat die Prozessfortschritte begutachtet werden.
Ob und ggf. welche weiteren Maßnahmen erforderlich sind, wird derzeit innerhalb der Bundesregierung geprüft.
Darüber hinaus ist mir durchaus bewusst, dass auch in anderen Bereichen in großem Umfang personenbezogene Daten verarbeitet werden, und der verantwortungsbewusste Umgang mit solchen Daten folglich nicht nur auf dem Gebiet der Telekommunikation wirksam gewährleistet werden muss.
Gegenwärtig erarbeitet mein Ministerium daher u.a. einen Gesetzentwurf für mehr Datenschutz und Transparenz bei Auskunfteien. Auskunfteien sind Unternehmen, die geschäftsmäßig personenbezogene Daten, beispielsweise über Kreditkunden, sammeln und an ihre Geschäftspartner übermitteln (z.B.die Schufa). Dabei setzen sie zunehmend so genannte Scoring-Verfahren ein, mit denen sie das Ausfallrisiko für einen Kredit bei einer bestimmten Person berechnen. Das Gesetzgebungsvorhaben hat u.a. eine Erweiterung der Auskunftsrechte der Betroffenen sowie eine Erweiterung der Informationspflichten der Scoringbetreiber zum Ziel.
Zudem lasse ich von meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern derzeit die datenschutzrechtlichen Aspekte von Kundenkartenprogrammen prüfen. Dabei soll festgestellt werden, ob die gegenwärtigen gesetzlichen Instrumentarien ausreichen, um die Verbraucher vor Datenschutzverstößen, insbesondere einer ungewollten Verwendung ihrer personenbezogenen Daten zu Zwecken der Werbung und Marktforschung zu schützen. Die Prüfung wird noch dieses Jahr abgeschlossen und ein entsprechender Bericht vorgelegt werden.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble