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Frage von Robert S. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Robert S. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Schäuble,

folgendes möchte ich Sie fragen.

1. Wie ist die rechtliche Definition des Begriffes "Terrorismus" und wo steht diese bzw. wo kann ich die Nachlesen? Was Terrorismus an sich ist weis ich natürlich schon und er muss auch bekämpft werden.
Also, wie ist die rechtliche Definition?

2. Sie sagten in der Sendung Brennpunkt - für die Durchsuchung von Computern braucht man eine Rechtsgrundlage, bisher hat man das ohne gemacht.

http://www.youtube.com/watch?v=ocovwMkDkns

Mal unabhängig von den Motiven stellt sich mir die Frage:
Heißt das hier wurde gegen das Gesetz verstoßen und somit illegal gehandelt?

Vielen Dank für Ihre Antwort

Mit freundlichen Grüßen

R. Schubert

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Antwort von
CDU

Sehr geehrter Herr Schubert,

im deutschen Strafrecht ist der Begriff der "terroristischen Vereinigung" in den Paragrafen 129a und 129b des Strafgesetzbuches definiert ( http://bundesrecht.juris.de/stgb/__129a.html bzw. http://bundesrecht.juris.de/stgb/__129b.html ). Mit dem Begriff der terroristischen Vereinigung allein ist aber der Terrorismus noch nicht umfassend definiert, weil auch terroristische Einzeltäter - außerhalb einer Gruppe, die sich bereits zu einer Vereinigung verdichtet hat - Straftaten mit terroristischer Zielrichtung begehen. Eine EU-weit verbindliche Definition des Terrorismus enthält der EU-Rahmenbeschluss zur Terrorismusbekämpfung aus dem Jahr 2002 ( http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/LexUriServ.do?uri=OJ:L:2002:164:0003:0007:DE:PDF ). Dort ist geregelt, welche Handlungen, auch von Einzeltätern, alle Mitgliedstaaten der EU als terroristische Taten unter Strafe stellen müssen. Dies ist selbstverständlich auch in Deutschland der Fall.

Da die europäischen Vorgaben nur Mindestvorgaben sind und die Bundesregierung beabsichtigt, bereits Vorbereitungshandlungen von Einzeltätern, wie das Sammeln von Tatmitteln und Geld für Anschläge oder den Besuch so genannter "Terrorcamps", unter Strafe zu stellen, hat die Bundesministerin der Justiz auf meine Anregung und in Abstimmung mit meinem Ministerium einen entsprechenden Gesetzentwurf erstellt, der derzeit den Ländern zur Stellungnahme zugeleitet worden ist (Gesetzentwurf: http://www.bmj.bund.de/files/-/3128/RefE_Gesetz%20zur%20Verfolgung%20der%20Vorbereitung%20von%20schweren%20Gewalttaten.pdf).

Auf Ihre Frage zur Online-Durchsuchung kann ich Ihnen mitteilen, dass es tatsächlich, lange bevor das Thema öffentlich diskutiert wurde, einige wenige so genannte Online-Durchsuchungen gegeben hatte, die längst beendet sind. Die Ermittlungsbehörden handelten dabei allerdings mit richterlicher Erlaubnis. Damals gingen diese Behörden und auch die Richter, die die Genehmigung erteilt hatten, davon aus, dass die vorhandenen Rechtsgrundlagen zur Wohnungsdurchsuchung ausreichen, um Online-Durchsuchungen zu erlauben. Nachdem der Bundesgerichtshof hierzu aber einen anderen Standpunkt vertreten hatte, wurden Online-Durchsuchungen der Ermittlungsbehörden nicht mehr durchgeführt. Die Richter, die die bisherigen Online-Durchsuchungen genehmigt hatten, gingen also davon aus, dass die Rechtsgrundlagen ausreichten. Die Behörden handelten dabei also mit einer Genehmigung, die Richter erteilt hatten, die Gesetze anders auslegten, als es der BGH und das Bundesverfassungsgericht später taten. Wenn richterliche Beschlüsse aber rechtskräftig sind, bilden sie eine geeignete Rechtsgrundlage für die einzelne Maßnahme, selbst wenn sie heute so nicht mehr erlassen würden. Könnten Bürger und Behörden nicht davon ausgehen, dass rechtskräftige Gerichtsbeschlüsse als richtig gelten, wäre es um die Rechtssicherheit schlecht bestellt (etwas anderes gilt natürlich für grob rechtsstaatswidrige Entscheidungen).

Ich habe dem Bundesamt für Verfassungsschutz, unmittelbar nachdem infolge der genannten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs rechtliche Zweifel aufkamen, die Durchführung solcher Maßnahmen untersagt, die zu Zeiten der Vorgängerregierung aufgrund der damaligen Rechtsauffassung grundsätzlich autorisiert waren. In dem Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das nicht Maßnahmen des Bundes, sondern das nordrhein-westfälische Verfassungsschutzgesetz betraf, hat das Gericht schließlich auch über den konkreten Fall hinaus verfassungsrechtlichen Hinweise für Online-Durchsuchungen gegeben und hierdurch Rechtssicherheit hinsichtlich der Voraussetzungen, der Anordnung und der Durchführung geschaffen. Demnach bedarf es auch einer ausdrücklichen gesetzlichen Grundlage für Online-Durchsuchungen.

Als Innen- und Verfassungsminister achte ich sehr strikt auf die Einhaltung des Rechts, insbesondere des Verfassungsrechts, und auf die Erhaltung der Handlungsfähigkeit der Sicherheitsbehörden. Daher habe ich mich von Anfang an für die Schaffung verfassungsrechtlich und rechtsstaatlich einwandfreier Rechtsgrundlagen für Online-Durchsuchungen eingesetzt.

Auch Sie möchte ich auf die Internetseite meines Ministeriums einladen, um mehr Informationen zum Thema Onlinedurchsuchung zu erhalten: http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_165104/Internet/Content/Themen/FragenUndAntworten/Online__Durchsuchungen.html

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble