Frage an Wolfgang Schäuble von Luise-Charlotte L. bezüglich Recht
Warum erhalten die Beamten dieselbe Gehaltserhöhung wie die Tarifbeschäftigten des Öffentlichen Dienstes, obwohl die Angestellten für ihre Alterssicherung mit sehr hohen Beträgen selber aufkommen müssen, die Beamten aber nur mit 0,3 Prozent?
Ist es nicht so, daß die Schere zwischen gesetzlich Versicherten und Beamten auf diese Weise immer weiter auseinandergeht, wie ja auch die Pensionen fast doppelt so hoch sind wie die Renten der gesetzlich Versicherten?
Sehr geehrte Frau Lietzmann,
der Deutsche Bundestag hat am 29. Mai 2008 den Entwurf des Bundesbesoldungs- und -versorgungsanpassungsgesetzes 2008/2009 verabschiedet. Nach der abschließenden Befassung des Bundesrates am 13. Juni 2008 kann das Gesetz in Kraft treten. Es sieht eine zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses vom 31. März 2008 auf die Bezügeempfängerinnen und Bezügeempfänger des Bundes vor.
Die Dienst- und Versorgungsbezüge sind im Bundesbereich zuletzt im Jahre 2004 angepasst worden. Seitdem haben die Beamtinnen und Beamten des Bundes zahlreiche Einschnitte hinnehmen müssen und so in besonderer Weise zur notwendigen Konsolidierung des Bundeshaushalts beigetragen. Zu diesen Maßnahmen gehören beispielsweise die Streichung des Urlaubsgeldes, die erheblichen Kürzungen bei der jährlichen Sonderzahlung und auch die Erhöhung der wöchentlichen Arbeitszeit auf 41 Stunden. Die vollständige Übertragung des Tarifergebnisses auf die Empfängerinnen und Empfänger von Dienst- und Versorgungsbezügen des Bundes führt daher nicht zu ungerechtfertigten Einkommensunterschieden zwischen Tarifbeschäftigten und Beamten. Sie entspricht vielmehr dem gesetzlichen Auftrag des § 14 des Bundesbesoldungsgesetzes sowie des § 70 des Beamtenversorgungsgesetzes. Demnach sind die Besoldung und Versorgung der Beamtinnen und Beamten sowie der Versorgungsempgängerinnen und -empfänger entsprechend der Entwicklung der allgemeinen wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse regelmäßig anzupassen.
Bei einer Gegenüberstellung der Einkommen von Tarifbeschäftigten und Beamten werden oft punktuell einzelne Bezahlungs- oder Beschäftigungsbedingungen herausgegriffen, die scheinbar in einem Missverhältnis zueinander stehen. Derartige Vergleiche sind jedoch nicht sachgerecht und wenig aussagekräftig. Das unterschiedliche Statusrecht von Beamten und Tarifbeschäftigten führt zwangsläufig zu unterschiedlichen Regelungen, die eben auch zu unterschiedlichen finanziellen Auswirkungen führen. Der Vergleich einzelner Kriterien und darüber hinaus nur für ausgewählte Abschnitte der beruflichen Tätigkeit ergibt stets nur punktuelle Ergebnisse. Für eine umfassende Bewertung müssen die Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Hierbei kann keine sachlich ungerechtfertigte Bevorzugung der Beamtinnen und Beamten festgestellt werden. Dies gilt auch für den von ihnen angesprochenen Bereich der Alterssicherung.
Bei der gesetzlichen Rentenversicherung und der Beamtenversorgung handelt es sich um Alterssicherungssysteme, die historisch gewachsen sind und in ihren Anspruchsvoraussetzungen und ihrer Ausgestaltung deutliche Unterschiede aufweisen. Beide Alterssicherungssysteme sind vor diesem Hintergrund nur bedingt miteinander vergleichbar.
Die Ausgestaltung der Alterssicherungssysteme orientiert sich an der Leitvorstellung eines sog. "Drei-Säulen-Modells". Während die gesetzliche Rente die Funktion einer Regelsicherung (1. Säule) erfüllt, die durch eine überwiegend vom Arbeitgeber finanzierte Betriebsrente als Zusatzsicherung
(2.Säule) ergänzt werden soll, hat die Beamtenversorgung die Funktion einer Regel- und Zusatzsicherung (1. und 2. Säule). Als 3. Säule gilt die von allen Beschäftigten selbst zu finanzierende private Altersvorsorge.
Kennzeichnend für die Beamtenversorgung ist danach, dass sie - anders als bei den Tarifbeschäftigten des öffentlichen Dienstes, deren Versorgung im Alter sich aus einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung und einer Zusatzsicherung in Form einer Betriebsrente zusammensetzt - eine aus Regel- und Zusatzsicherung bestehende Gesamtversorgung gewährleistet, d.h. anstelle von zwei Leistungen aus unterschiedlichen Quellen wird hier eine Gesamtleistung gewährt. Ein Vergleich der Leistungen der Beamtenversorgung ausschließlich mit den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung ist vor diesem Hintergrund nicht sachgerecht.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble