Frage an Wolfgang Schäuble von Detlev T. bezüglich Innere Sicherheit
Sehr geehrter Herr Schäuble,
in der politischen Diskussion über die "Online-Durchsuchung" ärgert mich der niedrige Informationsstand so mancher Teilnehmer. Da wird kein Unterschied gemacht zwischen einer einmaligen Durchsuchung und der Überwachung über längere Zeit oder zwischen einem privaten Rechner und dem Internet. Kein Wunder, dass da kräftig aneinander vorbei diskutiert wird und am Ende nur Murks dabei herauskommt.
Die österreichische Regierung hat das Thema von einer externen Expertengruppe unter Leitung von Prof. Funk das Thema beleuchten lassen und damit eine brauchbare Basis für eine solche Diskussion geschaffen. Dazu meine Fragen:
-> Haben Sie diesen Bericht gelesen? Wenn ja: Was halten Sie davon?
-> Sollten wir nicht etwas Vergleichbares auch in Deutschland haben?
-> Und sollte man das nicht zuerst machen, bevor man anfängt, Gesetzestexte zu formulieren? Dann könnte man vielleicht zur Abwechslung ein Sicherheits-Gesetz entwerfen, das von Anfang an verfassungsgemäß ist. Das würde ich persönlich sehr begrüßen. (Der bayerische Innenminister hätte jedenfalls eine solche Hilfe beim Formulieren des Entwurfes zum neuen Verfassungsschutzgesetz unbedingt gebraucht, wie ich leider feststellen musste, sein Kollege aus NRW sowieso)
Vielen Dank für Ihre Antwort
Detlev Tietjen
Sehr geehrter Herr Tietjen,
als Bundesinnenminister bin ich auch für die Verfassung zuständig und lege deshalb höchsten Wert auf die Einhaltung des Verfassungsrechts bei der Erstellung von Gesetzesentwürfen. So sind auch noch keine Gesetze entstanden, die ich zu verantworten habe, die vom Bundesverfassungsgericht beanstandet worden wären.
Der von Ihnen angesprochene Bericht zum Thema "Online-Durchsuchung" ist in meinem Ministerium bekannt. Auf Grund des guten Kontakts zur Regierung Österreichs wurde er meinen Mitarbeitern frühzeitig zur Kenntnis gegeben. Aus fachlicher Sicht ist er grundsätzlich positiv zu bewerten, wiewohl eine Reihe von Erkenntnissen hier auch schon vorlagen. Gerade in Bezug auf dieses Thema hat es im Übrigen auch in der Vergangenheit einen regen Austausch mit den österreichischen Kollegen gegeben.
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Gesetz über das Bundeskriminalamt, in welchem zukünftig auch die Befugnis zur Online-Durchsuchung enthalten sein wird, wurde selbstverständlich durchgängig auch technischer Sachverstand beigezogen. Das Bundesverfassungsgericht hat im Februar dieses Jahres in seinem Urteil zum nordrhein-westfälischen Verfassungsschutzgesetz entschieden, dass eine Online-Durchsuchung unter bestimmten Voraussetzungen zulässig ist. Der jetzt vorliegende Gesetzentwurf berücksichtigt auch diese verfassungsgerichtlichen Hinweise.
Ich kann Ihnen nur zustimmen, dass die Debatte zum Thema Onlinedurchsuchung nicht immer von ausreichender Sachkenntnis geprägt war. Daher bin ich Ihnen für Ihr Interesse an einer sachlichen Befassung mit dieser aufgrund der technischen Entwicklung notwendig gewordenen Ermittlungsmethode dankbar und möchte Sie auf die Internetseite meines Ministeriums einladen, um mehr Informationen darüber zu erhalten: http://www.bmi.bund.de/cln_012/nn_165104/Internet/Content/Themen/FragenUndAntworten/Online__Durchsuchungen.html
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble