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Frage von Jürgen H. •

Frage an Wolfgang Schäuble von Jürgen H. bezüglich Recht

Sehr geehrter Herr Abgeordneter,

ich danke Ihnen für Ihr kürzlich bekannt gewordenes Votum, dieses Portal betreffend. In der Öffentlichkeit wird viel über Politikverdrossenheit geklagt. Hier ist ein Angebot, der etwas entgegenzusetzen. Bürger wenden sich direkt an Abgeordnete. Und wenn diese dann sachlich antworten, ist ein Stück Transparenz und Vertrauen wirksam geworden. Ihr Wort möge Gehör finden auch bei Ihren Fraktionskollegen Hinze, Fromme, Weiß, Brauksiepe, Schmidt, Hinsken, Böhmer, Schmidbauer.

Bitte lassen Sie mich folgende Fragen an Sie stellen.
1. In der Zeit des kalten Krieges haben zahlreiche DDR-Bürger ihr Land verlassen und sind in die Bundesrepublik gekommen, über Flucht, Ausbürgerung, Ausreiseantrag. Ist es richtig, daß das Innenministerium damals für deren Eingliederung zuständig war?
2. Können Sie bestätigen, daß diese Übersiedler im Rahmen ihrer Eingliederung aufgrund ihrer Qualifikation und den Merkmalen ihrer Tätigkeit in der DDR in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik aufgenommen worden sind?
3. Können Sie bestätigen, daß diese Übersiedler, im Kontext des Einigungsvertrages vom 31.08.1990 gesehen, den Status eines Bürgers der Bundesrepublik und Sozialversicherten der bundesdeutschen Sozialversicherung besitzen?
4. Hat es Bestrebungen gegeben, diesen ehemaligen DDR-Bürgern die bundesdeutsche Staatsbürgerschaft wieder ab- und die DDR-Staatsbürgerschaft wieder zuzuerkennen, um sie in den Prozeß des Beitritts der DDR mit einbeziehen zu können?
5. Können Sie sich erinnern, ob im Zusammenhang mit den Verhandlungen zum Beitritt der DDR über die in der Bundesrepublik eingegliederten ehemaligen DDR-Übersiedler Beschlüsse gefasst worden sind?
5.1. Wenn ja, welcher Artikel des Einigungsvertrages steht dahinter?
5.2. Wenn nein, womit erklären Sie, daß deren einstige Aufnahme in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik annulliert und eine grundsätzliche Neubewertung ihrer Rentenanwartschaften vorgenommen wurde?

M.f.G., J. Holdefleiß

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Antwort von
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Sehr geehrter Herr Holdefleiß,

die Eingliederung von Flüchtlingen aus der ehemaligen DDR war keine primäre oder alleinige Aufgabe des Bundesministeriums des Innern. Die Eingliederung stellte eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe dar, was z. B. auch die Aufnahme in die gesetzliche Rentenversicherung der Bundesrepublik unter Berücksichtigung der Tätigkeit in der DDR umfasste.

Da es nur eine deutsche Staatsangehörigkeit gibt, haben DDR-Bürger, die in den Geltungsbereich des Grundgesetzes gelangten, als deutsche Staatsangehörige im Sinne des Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzes (RuStAG) ohne weiteres Pässe und Ausweise der Bundesrepublik Deutschland erhalten. Seit dem Beitritt der fünf neuen Länder zum Grundgesetz am 3. Oktober 1990 gelten auch dort alle staatsangehörigkeitsrechtlichen Bestimmungen des Bundes (RuStAG, heute StAG), so dass alle früheren Staatsbürger der DDR ohne zusätzlichen Akt deutsche Staatsangehörige sind, die selbstverständlich im Rahmen der gesetzlichen Voraussetzungen auch an der Sozialversicherung partizipieren. Ausnahmen gab es nur bei wenigen Einzelfällen, in denen die DDR aufgrund des DDR-Staatsbürgergesetzes von 1967 Einbürgerungen von Ausländern vorgenommen hat, die gegen den bundesdeutschen ordre public verstießen.

An Beschlüsse über die Bewertung der rentenrechtlichen Situation von Übersiedlern während der Verhandlungen zum Einigungsvertrag kann ich mich nicht erinnern. Diese Bewertung richtet sich nach den Bestimmungen des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG), das seine Rechtsgrundlage in Artikel 30 Absatz 5 des Einigungsvertrages findet. Inhaltliche Aussagen zu diesem Problemkreis trifft der Einigungsvertrag selbst nicht. Die Zuständigkeit für das RÜG liegt jedoch beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales, so dass ich Sie bitten möchte, rentenrechtliche Einzelfragen gegebenenfalls dort zu stellen.

Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble