Frage an Wolfgang Schäuble von Albrecht K. bezüglich Recht
Sehr geehrter Herr Dr. Schäuble,
in der Welt vom 08.03.2008
( http://www.welt.de/politik/article1772868/Die_SPD_ist_eine_unserioese_Partei.html ) schreiben Sie: "Und man hört, er [Oskar Lafontaine] erwäge eine Unterschriftenaktion gegen den EU-Betritt der Türkei. Es ist ganz offensichtlich, dass ein Teil des rechtsextremen Wählerpotentials zur Zeit von der Linkspartei aufgesogen wird."
Warum ist man "rechtsextrem", wenn man gegen eine Vollmitgliedschaft der Türkei in der EU ist (und laut Recep Tayyip Erdogan kommt eine priviligierte Partnerschaft für die Türkei nicht in Frage). Laut Focus Online
( http://www.focus.de/politik/deutschland/eu_aid_121327.html ) lehnt die große Mehrheit der Deutschen (84%) eine EU-Beitritt der Türkei kategorisch ab.
Was ist so schlimm daran, wenn sich ein Politiker für die Interessen der deutschen Bevölkerung einsetzt?
Mit freundlichen Grüßen
Albrecht Klein
Sehr geehrter Herr Klein,
bezüglich eines Beitritts der Türkei zur Europäischen Union vertritt die Union eine klare Position. Der durch den engen Dialog forcierte Reformprozess in der Türkei ist gerade auch wegen der Brückenfunktion des Landes in den Nahen Osten sehr zu begrüßen. Die Brücke, um in diesem Bild zu bleiben, muss ihre Verankerung allerdings auf beiden Seiten finden. Daher ist es wichtig, neue Kooperationsformen zwischen der EU und der Türkei unterhalb einer Vollmitgliedschaft zu etablieren. Aus Sicht der Union ist eine "privilegierte Partnerschaft" für beide Seiten die beste Lösung, da sie der Entwicklung in der Türkei ebenso wie der Aufnahmefähigkeit der EU Rechnung trägt.
Die derzeitigen Beitrittsverhandlungen basieren auf Vereinbarungen der rot-grünen Vorgängerregierung. CDU und SPD haben sich im Sinne der Kontinuität in der Außenpolitik im Koalitionsvertrag darauf verständigt, die Beitrittsverhandlungen mit der Türkei fortzusetzen. Bei den Beitrittsverhandlungen darf es aber keinen Automatismus geben. Vielmehr werden wir auch weiterhin auf beiden Seiten dafür werben, dass eine enge Kooperation zwischen der EU und der Türkei unterhalb einer Vollmitgliedschaft den richtigen Weg darstellt.
In dem von Ihnen genannten Interview habe ich Herrn Lafontaine keineswegs als rechtsextrem bezeichnet. Wie Sie dem Gesamtzusammenhang der Frage entnehmen können, bezogen sich meine Worte auf die zunehmende Gefahr des Populismus in der Politik.
Mit freundlichen Grüßen
Ihr
Dr. Wolfgang Schäuble